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Die Sieben Weisen Meister / Historia septem sapientum sind ein Zyklus von Erzählungen, von Sex & Crime Stories, mit einer böse-Stiefmutter-Geschichte als Rahmenhandlung.
Entstanden im 8.Jh. im Orient/Persien als "Das Sindbadbuch" wurde es im Occident über arabische, griechische, hebräische und lateinische Versionen im Spätmittelalter zum meist-gelesenen und verbreitetsten Buch, welches dann als Volksbuch in fast alle europäische Sprachen übersetzt wurde. Als Teil der Erzählungensammlung "Gesta Romanorum" (Die Taten der Römer) hatten die Sieben Weisen Meister einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die westliche Erzählliteratur.
Zum Inhalt:
Nach dem Tod seiner Gattin übergibt der römische Kaiser Pontianus seinen Sohn Diocletianus sieben weisen Meistern, damit sie ihn sieben Jahre fern von Rom erziehen und in den sieben freien Künsten (septem artes liberales) unterrichten. Der Kaiser heiratet ein zweites Mal, diese Ehe bleibt aber kinderlos. So trachtet die Kaiserin ihrem Stiefsohn nach dem Leben und erwirkt, dass er an den Hof zurückgerufen wird. Aus der Konstellation der Gestirne lesen die sieben weisen Meister und Diocletian, dass er sein Leben nur bewahren kann, wenn er sieben Tage lang nach seiner Ankunft in Rom schweigt. Die Stiefmutter versucht Diocletian zu verführen, jedoch ohne Erfolg. Daraufhin beschuldigt sie ihn der versuchten Vergewaltigung. Der Kaiser verurteilt seinen Sohn zum Tode und befiehlt, ihn sofort zu hängen. Doch die sieben weisen Meister erwirken jeweils einen Aufschub bis zum nächsten Morgen, indem sie je eine Geschichte erzählen. Durch eine Gegenerzählung entkräftet die Kaiserin jedoch jedesmal die Wirkung der Geschichte. Nachdem durch das Erzählen der Geschichten sieben Tage vergangen sind, kann nun Diocletian selber reden. Er entlarvt zunächst eine Hofdame seiner Stiefmutter als ihren verkleideten Liebhaber, erklärt dann sein bisheriges Schweigen und erzählt eine abschließende Geschichte. Der Kaiser fällt nun das endgültige Urteil und die Kaiserin wird an Stelle ihres Stiefsohns hingerichtet.
Die Sieben Weisen Meister wurden bislang immer als Geschichtensammlung über die Untreue und Falschheit der Frauen, über den Wert von Erziehung und Weisheit und über das Handeln und die Urteilsfindung von Herrschern behandelt.
Die Labyrinthmetapher enthüllt die persönlichkeits-, entwicklungs- und tiefenpsychologische Dimension der Sieben Weisen Meister abseits der im Vordergrund zu stehen scheinenden moralischen Kategorien von sexueller und persönlicher Untreue und Habgier.
Eine genauere Betrachtung der 3 Proben zeigt darüber hinaus, dass es sich bei den Sieben weisen Meistern auch um ein buddhistisches Weisheitsbuch handelt. Sie zeichnen den buddhistischen Erlösungsweg nach.
Die Sieben Weisen Meister sind so gesehen nicht (mehr) eine warnende Geschichte über den schädlichen Einfluss der Frau auf den Mann, sondern eine komplexe Entwicklungs- und Initiationsgeschichte eines jungen Mannes, der seine psychische, intellektuelle und gesellschaftliche Reife erreicht hat. |