edition S.p.N.LAUB
       gegr.1990

 

 

Statements zu "36" und "Teufels Küche"

 

 

Roland Danner / Wolfgang Wiesauer: GEMEINSAME PROGRAMMATIK zu 36

 

  • Episynthese
  • Unser gemeinsames Schaffen ist der Versuch einer Synthese von Malerei und Literatur, von Bild und Wort, von Zeichen und Bedeutung: die Integration von Bild und Wort zu einer synästhetischen Formensprache ...: das griech. Wort graphein bedeutet (ein)ritzen, malen, aber auch: schreiben! Sie gehören zusammen.

    Bild bzw. Wort sind nicht bloß passive Mittler/Träger des jeweils anderen (Kunstmediums), sondern "aktiver Teilnehmer" am lebendigen/interaktiven Prozeß der künstlerischen Formulierung. Weder ist das Bild lediglich die Umsetzung des Wortes in materielles bzw. visuelles Geschehen, noch das Wort bloßer Kommentar oder "geistiges Accessoire"/"mentale Befruchtung" des Bildes. Es soll eine Episynthese gelingen, - die Gleichwertigkeit von Wort und Bild realisiert werden!

    • In der Durchdringung mit dem Bild muß das Wort eine eigene, wirkliche Form eingehen. Sinn-bild-lich und bild-sinn-lich zugleich sein.
    • In der Verschmelzung mit dem Wort muß das Bild "selbst(-)redend" werden: eine "Aura" entfalten.

    Das dualistische Begriffspaar//die Antinomie/Dichotomie Geist/Materie bzw. Wort/Bild wird als konstruktiver Gegensatz verstanden, dessen Ganzes mehr ist als die Summe seiner Teile. Die Künste konvergieren nur, wo jede ihr immanentes Prinzip rein verfolgt, sagt Theodor W. Adorno in seinen Musikalischen Schriften I-III.

    Die Sprachähnlichkeit steigt mit dem Fallen der Mitteilung. Deshalb das gegenstandslose Bild (als bildkünstlerischer Teil)!

    NB: auch im Orphismus wurde der Konvergenzprozeß von Musik und Malerei durch Verräumlichung der Zeit gelöst (vgl. detto Theodor W. Adornos Musikalische Schriften I-III).

     

  • Frühere synästhetische Konzepte
    • Unser Projekt ist nichts grundsätzlich Neues: in der chinesischen Tusche- bzw. Landschaftsmalerei ist die Synthese von Wort und Bild längst gelungen, zumal das Schriftzeichen hier einen eigenständigen ornamentalen Wert (Bilderschrift) hat; der Westen hat — von Strömungen der Emblematik abgesehen — noch keine eigene synoptische Ausdrucksform gefunden.
    • Hingegen ist die Verwandtschaft der Künste bereits in anderen Kunstgattungen zur Synthese gelangt: etwa im Orphismus der Jahrhundertwende (Frantisek Kupka, Robert Delaunay etc.), wo die Synthese von Bild und Musik, von Zeichen und Ton am Anbeginn der Abstraktion stand!
    • Walter Pichler in der zeitgenössischen österr. Bildhauerei (er verbindet Architektur und Skulptur, indem er für seine Plastiken Häuser baut).

     

  • "Arbeitshypothesen"
    • Jeder Inhalt hat seine eigene Form, die es "nur" zu finden/zu ent-decken gilt, so daß es letztlich darum gehen muß, das Instrumentarium und die Sensibilität für die Farb- und Formenvielfalt möglicher Bild-Wort-Verbindungen zu verfeinern.
    • Es geht uns um die Verbindung von geschriebenem Wort und "stehendem Bild" — im Unterschied zum Film (gesprochenes Wort/laufendes Bild). Allerdings fordert es den Rezipienten heraus, seine Sehgewohnheiten zu ändern: während er seine wechselnde Betrachtungsweise (das Hin- und Herspringen zwischen Wort- und Bildinhalt, das im Film ein automatisiertes "Prozeßleitsystem"/Vektor ist]) zunächst selbst für den Inhalt hält, konvergieren die Teile Wort und Bild als Geistiges. Dadurch wird es möglich, die Graphik als ‚Sinn-Bild‘, als synoptische Einheit zu betrachten.
      Das nunc stans der ästhetischen Idee:
      Die "immerwährende Gegenwart", das zeitlose Jetzt, das "nunc stans", ist der Existenzmodus von Werken der bildenden Kunst überhaupt.
      Platon beschreibt die Zeit als "bewegtes Bild der Ewigkeit". Die Zeit entfaltet sich in Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft; der Ewigkeit aber kommt nur Gegenwart zu. Diese Besonderheit einer eigentümlich-selbstredenden Wirkung als Ganzheit eines "Nunc stans", eines stehenden Jetzt, kommt in Ganzheit wiederum nur der bildenden Kunst zu: als Aura.

     

  • persönliche Prämissen
    • Rolands Prämisse:
      Aura: das "nunc stans" im Kunstwerk

      Die un-unterschiedene Ganzheit eines Werkes der bildenden Kunst als Stehendes Jetzt ist "Aura" => daher seine "auratischen Kompositionen": reflektierende, stille, statische Farbwerte "ummanteln" (s)eine dynamische Formensprache
    • Wolfgangs Prämisse:
      rituelle "Enge" als selbstgewählter formaler Zwang: Skizzenhaftigkeit als Definitivum

      Die Verquickung zu einer gemeinsamen/ganzheitlichen Formensprache gelingt am ehesten dort, wo die 17silbrige Haiku-Formvorschrift zu "Einsilbrigkeit" — gemeint ist: zu größtmöglicher Reduktion und Abstraktion zwingt und sich ein bloß punktuell und andeutungsweise skizzierter Text mit der "Vorläufigkeit" einer auratischen Farbgraphik zur Einheit verbindet.
    • => gemeinsames Konzept: das Total der Substanz im Minimal der Form; Generieren des ‚Sinn-Bilds‘ auf einer gemeinsamen künstlerischen Plattform (PC); seine Wirkung soll sich aus der Summe aller Beobachtungen ergeben, zu denen wesentlich die Schrift (Graphik « griech. graphein, schreiben) gehört!

     

    ©2003 Danner/Wiesauer

     

     

    Teufels Küche

     

    Die Konvergenz von fernöstlicher Spiritualität und abendländischer Mystik ist das zentrale Thema des Autors und Kunsthistorikers Mag. Wolfgang Wiesauer.

    Eine intensive, über 15-jährige Auseinandersetzung mit Taoismus und ZEN-Buddhismus ließ ihn letztlich zur Geistesgeschichte des griechisch geprägten Okzidents zurückfinden und die verschüttete Denktradition des abendländischen Nichts-Begriffes neu entdecken.

     

    Nach dem "Spektrum des Nichts" (Arovell-Verlag Gosau/Salzburg 2000) hat er auch sein viertes Buch "Teufels Küche" diesem Sujet gewidmet.

    Die depotenzierenden Phänomene des Akausalen, Irrationalen, des Antinomischen, Unauflöslichen, Unheimlichen, Paradoxen — kurz: Momente des fascinosum et tremendum, das sind konkret jene Motive, die hier Eingang und Verwendung gefunden haben.

     

    Die literarische Verarbeitung dieser Elemente ist dem Unsagbarkeitstopos verpflichtet:

    Numinose Qualitäten und reziproke Erfahrungshorizonte sind unableitbar und lassen sich nur lyrisch-abstrakt vergegenwärtigen. Sie erschließen sich vor allem der existenziell ausgelieferten Apperzeption, dem un-begrifflichen Erfahren: dem, der den "Schatten im Selbstgefühl" kennt.

     

    Ideell und weltanschaulich nicht gebunden, reflektiert der Autor eine Welt kontrastharmonischer Gegensätze und zyklischer Wechselwirkungen, die sich — jenseits diskursiver Verständlichkeit — in Andeutungen des Übergegensätzlichen (Urgrundes) verliert.

     

    Auch im Formalen stehen gebundene Sprache neben ungebundener, Prosa neben Lyrik, Kultur ("Kunst über die Kunst") neben Natur. Arjuna (ind. Mahabharata) und Eckehart (dt. Mystik) führen als Antipoden fiktive Gespräche zwischen West und Ost.

    Gedankenlyrik und Aphorismen verschmelzen mit philosophischen Texten zu "mentalen Impressionen": das unterscheidende Denken, die rationalen Prädikate, Ursacheverhältnisse und vorstellungsmäßigen Objektivierungen verlieren ihre Sinnbasis ... kommen in "Teufels Küche".

     

    ©2004 Wiesauer

     

    edition S.p.N.LAUB
     
    Im Bäckerwinkel 3
    A 4112 Rottenegg
    Östereich
     
    ISBN 3-901102
    VKN: 80441

    Copyright ©2004 by s.holzbauer / edition S.p.N.LAUB

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