Siegfried

der gehörnte Ritter.

Eine höchst abenteuerliche Rittergeschichte

von G.& B. Ovm.

Druck und Verlag von Ph.Kraußlich in Urfahr-Linz. o.J.(ca.1864)

neu hrsg. v. S.Holzbauer / edition S.p.N.Laub © 2001

 

1.Kapitel

Die Geburt des Prinzen Siegfried und dessen Flucht.

Zur Zeit des grauen Alterthumes lebte in den Niederlanden ein edles Königspaar, welchem nichts zur Vollkommenheit ihres Glückes fehlte, als daß ihr Stamm auf leibliche Erben sich fortgepflanzt hätte. -

Dennoch schien dieser heiße Wunsch ihrer verlangenden Seelen nicht in Erfüllung gehen zu wollen, denn Jahr um Jahr verstrich in kinderloser Ehe und schon dachte König Sieghard auf einen Erben verzichten zu müssen, als ihm endlich seine Gattin einen wunderholden Knaben gebar, welchen der König, da ihm sein Glück und ehelicher Friede durch seine Geburt wieder erblühte, zu Ehren Siegfried nannte.

Sobald nun das Kind halbwegs aus dem zartesten Alter heraus und der Amme entwöhnt war, nahmen die königlichen Eltern die Erziehung ihres Sohnes selbst vor, damit er einst als Mann und Nachfolger seines erhabenen Vaters die Regierung seines Landes übernehmen und zum Wohle seines Volkes führen könne.

Doch so sanft und vorsichtig aber auch die Behandlung und Erziehung der guten und weisen Eltern war, so war und blieb doch die Gemüthsart des jungen Siegfried eine rauhe, und da er dabei recht stark und kräftig war, so hatte er auch eine überwiegende Gewalt über seine Jugendgenossen, ließ schwer und nur höchst selten sich mäßigen, - und wollte sich auch nicht der väterlichen Zucht unterwerfen.

Sein ganzes Sinnen und Trachten ging vielmehr darauf hin, so bald als nur möglich selbst sein eigener Herr zu werden.

Dieses Alles machte dem guten Königs-Paare sehr großes Herzeleid, und oft berieth sich deßhalb der König auch mit seinen Geheim-Räthen und Vertrauten, ob und wie man den nach Freiheit dürstenden Jüngling wohl seiner eigenen Willkühr überlassen solle.

Einige der Räthe sprachen nun ihre Meinung dahin aus, daß Siegfried unter der väterlichen Gewalt auch fernerhin sich beugen und bis zu seiner vollendeten Großjährigkeit am Hofe verbleiben müsse.

Wieder andere aber, und zwar die Mehrzahl riethen ihrem Fürsten wieder, den jungen Siegfried in die Welt ziehen zu lassen, damit er in der Fremde Erfahrungen sich sammeln und durch manigfache Leiden und Widerwärtigkeiten, welche unausbleiblich ihm aufstossen auch sein wilder Sinn sich beugen, und er eines Besseren sich bedenken und zu einem weisen und erfahrenen Regenten sich ausbilden würde. -

Der König sah nach reiflicher und genauer Erwägung auch sehr bald den guten Rath der Letzteren ein, und gab deshalb auch, wenngleich mit bekümmerten Herzen eine Einwilligung dazu, seinen geliebten Sohn in die Welt hinaus zusenden, und ließ deshalb, ohne aber jedoch seinem Sohn etwas davon merken zu lassen geheime Vorkehrungen dahin treffen, daß Siegfried seinem hohen Range gemäß mit allem ausgestattet würde, was er zu seiner Reise in die Fremde bedurfte.

Erst als Alles so ziemlich geordnet war, wagte der König seiner Gemahlin seinen und der Räthe Beschluß nämlich, daß ihr einziger Sohn eine längere Reise antreten solle, zu eröffnen. -

Ach wie erschrak da die gute und besorgte Mutter darüber, ihr Herz erzitterte in bangen Schlägen wenn sie all die Gefahren bedachte, welche ihrem Liebling drohten, und obgleich sie wieder einsah, daß es für den unbeugsamen Sinn ihres Sohnes das Beste sei, fremde Völker ihre Sitten und Gebräuche kennen zu lernen, so überwog doch ihre mütterliche Angst und ihre Liebe zu dem theuren Jüngling alle anderen Vortheile, und sie beschwor daher ihren Gemahl unter schmerzlichen Tränen wenigstens diese für sie so betrübliche Abreise noch auf einige Zeit hinauszuschieben, und der König, welcher ebenso wie seine Gemahlin den geliebten Sohn noch sehr gerne länger bei sich behalten hätte, ließ sich nicht lange bitten, und traf mit der größten Freude nun mit seiner Gemahlin das Übereinkommen dahin, ihren Sohn noch länger bei sich zu behalten, was er zum Überfluße noch am ersten zu thun glauben konnte, weil er der Meinung war, daß außer ihm, seiner Gemahlin und den vertrauten Räthen Niemand am allerwenigsten aber sein Sohn etwas von der Idee gewußt habe, daß er Willens gewesen sei, seinen Liebling in die Fremde ziehen zu lassen.

Der gute König ahnte nicht, daß geschäftige Wohldiener bereits seinem Sohn den Entschluß des Vaters verrathen hatten, und dieser deshalb von Stunde auf Stunde der Eröffnung seines Vaters entgegen sah mit seiner Einwilligung in die Fremde ziehen zu dürfen. -

Als aber dem neuerlichen Entschluß seiner Eltern zufolge Tag um Tag, Woche um Woche verging, ohne daß Siegfrieddie geringste Anstalt sah, seinen schon so lange gehegten Lieblingswunsch realisirt zu sehen, - da erfaßte ihn eine brennende Ungeduld, sein Blut gerieth in wilde Gährung und gleich wie von einer dämonischen Gewalt zog es ihn vom Vaterhause fort, die traute Heimath ward ihm zum Ekel und widerte ihn an, und so kam es denn, daß, als man eines Morgens mit dem Frühstück auf den Prinzen wartete, Siegfrieds Lakai der bestürzten Königin die höchst betrübende Nachricht überbrachte, daß ihr Sohn das Schloß verlasen habe und höchst wahrscheinlicher Weise heimlich entflohen sei. -

Das war nur ein sehr schwerer Schlag für die tief bekümmerten Eltern.- Weil aber Siegfried außer den Kleidern, die er am Leibe trug auch sonst weiter gar nichts mit sich genommen hatte, - so gaben sie sich dennoch immer der süßen Hoffnung hin, daß er vielleicht nur einen Ausflug von mehreren Tagen in die Nähe gemacht habe, und bald wieder nach Hause zurückkehren würde.-

Zur größeren Vorsicht sandten sie aber dennoch ihre zahlreiche Dienerschaft auf alle Wege der Heerstraßen hinaus, um ihren Sohn von ihnen aufsuchen zu lassen.

Leider aber blieben alle Nachforschungen und zwar aus dem Grunde vergeblich, weil Siegfried von ihnen blos auf den bekannten Straßen aufgesucht wurde, während dieser in schlauer Berechnung bloß durch unwirthbare Wälder zog um sich auf diese Art jeder Verfolgung zu entziehen.

2.Kapitel

Siegfried kommt zu einem Dorfschmied in die Lehre.

Anfänglich wanderte Siegfried guten Muthes eine Zeit fort, ohne sich um das eigentliche Ziel seiner Reise zu sorgen, das Gefühl der unbeschränkten Freiheit erfüllte seine Jünglings-Brust mit unnennbarer Wonne, er kümmerte sich nicht im geringsten um das Ziel seiner Reise und wanderte planlos fort bis ihn endlich Mattigkeit und der quälende Hunger von den Schönheiten der Natur abzog und ihn dahin trieb, Zuflucht in einem Dorfe zu suchen welches am nächsten an der Waldes-Säumung lag.

Der Hunger, dieser mächtige Zwingherr trieb unsern armen Prinzen nun zu dem am Ende des Dorfes wohnenden Schmied, und weil er sich zu betteln schämte, so frug er geradewegs nach, ob er nicht vielleicht einen Lehrjungen für sein Geschäft benöthige.

Der Schmied, welcher nicht allsobald in Siegfried einen stark gebauten und gesunden Burschen ersah, war sogleich mit diesem Anerbieten einverstanden, - und da er ein sehr gutes Herz besaß und sah daß Siegfried ganz erschöpft und ermattet von Hunger war, so ließ er ihm sogleich zu Essen und zu Trinken geben und sogleich zu Bette bringen. -

Sobald nun Siegfried am künftigen Morgen frisch und gekräftiget aufstand, ging er sogleich in die Werkstätte des Schmiedes damit er ihn dem neuen Handwerke zuweisen solle, den er war viel zu stolz und sein ritterlicher Sinn sträubte sich dagegen etwas umsonst von dem Bürgersmanne anzunehmen.

Der Schmied war sehr erfreut über die Diensteifrigkeit seines Schützlings und er befließ sich daher sogleich auf das eifrigste den wißbegierigen Siegfried mit allem zu unterweisen, was zu den Vorkenntnissen des Schmiedehandwerkes vorerst das Notwendigste war. -

Voll Eifer nahm nun Siegfried einen schweren Hammer zur Hand und schlug auf das ihm von dem Schmiede vorgelegte Eisen los, wie erstaunte aber der Schmied als Siegfried schon nach dem dritten Hammerschlag nicht nur das dicke Eisen entzwei, sondern auch den Ambos selbst tief hinein in die Erde schlug. -

Als sich jedoch der Schmied von seinem Entsetzen erholt hatte übermannte ihn die Galle derart, daß er sich thätlich an dem Lehrjungen vergriff und nebst einigen Schopfbeutlern auch noch einige derbe Rippenstöße aplizirte. -

Siegfried aber, welcher nicht einmal eine sanfte Zurechtweisung von seinen Eltern oder Lehrern annehmen wollte, und nun von einem ganz gemeinen Dorfschmied sich mißhandeln lassen sollte, entbrannte über diese Züchtigung in schreckliche Wuth, und im Handumdrehen hatte er sich zur Wehre gestellt und den gleich hitzigen als über das neuerliche Gebahren seines Lehrjungen entsetzten Meisters gepackt und zur Erde geworfen, so daß dieser zwischen Scham, Schmerz und Wuth um Hilfe schrie, - worauf auch wirklich einige Gesellen erschienen, welche ihrem Meister helfen wollten. -

Aber Prost die Mahlzeit - auch sie wurden von Siegfried arg bedient und zerschlagen, und scheu retirirten die verdutzten Gesellen sich in die Werkstätte zurück, der Meister aber brütete Rache und hegte, während Alles zur Nacht schlief seinen Plan aus, wie er am leichtesten des gefährlichen Jungen sich entledigen könne, denn der einfache Schmiedmeister glaubte in seinem beschränkten Verstande nichts anderes, als daß Siegfried einen Bund mit dem bösen Feinde haben müsse, Kraft dessen ihm von demselben solch eine übernatürliche Körperkraft verliehen worden sei.

3.Kapitel

Der Kampf mit dem Drachen.

Richtig hatte auch der Schmied nach eifrigem Nachsinnen etwas aufgefunden, wodurch er sich seines unheimlichen Lehrjungen auf das sicherste zu entledigen hoffen durfte und er war so sehr über diese famose Idee entzückt, daß er kaum den Anbruch des Morgens erwarten konnte. -

Kaum daß es daher auch zu grauen begann, als auch der Meister schon seine Lagerstätte verließ und Siegfrieden aufweckte, welchem er einen Zwilchsack übergebend, befahl mit dem selben in den nächsten Wald zu einem Köhler zu gehen, und daselbst Kohlen einzukaufen.

Geduldig nahm der nichts ahnende Siegfried nun den Sack auf den Rücken und wanderte muthig in den nahen Wald hinaus, während der boshafte Schmied sich schadenfroh ins Fäustchen lachte, denn da wie er wußte ein furchtbarer Drache in dem Walde hauste, so beabsichtigte er nichts Anders mit diesem vorgeblichen Einkauf als den arglosen Siegfried dem fürchterlichen Drachen als Beute zu liefern.

Als daher Siegfried vollen Muthes durch den dunklen Wald dahin schritt, erschrak er nicht wenig als plötzlich ein ungeheurer Drache vor ihm stand, welcher ihn zu verschlingen drohte. -

Doch nur momentan war dieser Schrecken denn bald gefaßt rieß Siegfried schnell den ersten besten Baumstamm aus der Erde, und warf denselben mit aller Gewalt, deren er fähig war, auf den Drachen hin, welcher sich aufgestellt hatte und nun durch den schweren Schlag rücklings auf den Erdboden gefallen war.-

Siegfried welcher aus den Lehren seiner Meister Kenntnis hatte, daß ein Drachenfelt ein unschätzbares Gut sei, rieß nun schnell noch einige Bäume aus und raffte alles Reisig und Laub zusammen, was er in der Schnelligkeit vermochte, und da er mit Schwamm und Feuerstein reichlich versehen war, so schlug er Feuer und zündete dann das um den Drachen aufgerichtete Bollwerk von allen Seiten an, während der Drache vergeblich sich mühte, sich von dem Rücken zu erheben - denn Rauch und Feuer setzten ihm mächtig zu, daß er ganz betäubt wurde, sich nicht rühren und regen konnte, - während sein Fett zu schmelzen begann, so daß es gleich einem Bächlein floß, während sein Geheul und schreckliches Gebrüll den Wald durchzitterte, und das Echo wie mit heftigsten Donnerschlägen zurückerscholl. -

Wie nun Siegfried nichts mehr von dem Drachen zu fürchten glaubte, entkleidete er sich schnell, tauchte seine Finger in das Fett des Drachen und bestrich seinen ganzen Leib mit dieser Flüssigkeit bis an den zwischen den Schultern befindlichen Theil des Rückens, wohin er mit der Hand nicht zu reichen vermochte.-

Siegfrieds Rücken ward dadurch mit einer vollständigen Hornhaut überzogen, weshalb er von dieser Stunde an nicht nur von seinen Zeitgenossen allein sondern auch von der Nachwelt und zwar bis zur heutigen Stunde noch "Siegfried der gehörnte Ritter" genannt wird.

Nach diesem siegreichen Kampfe mit dem Drachen erwachte in Siegfried wieder sein ganzer Ritterstolz, und da er und nicht mit Unrecht der Meinung war, daß der Schmied ihn absichtlich seinem Verderben entgegen zu schicken beabsichtigte, beschloß er nun nicht wieder in die Schmiede zurückzukehren und auf gut Glück wieder weiter zu wandern, und hatte als nächstes Ziel seiner Reise den Hof des weltberühmten Königs Gilbald sich erkoren.

4.Kapitel

Wie Siegfried den Ritterschlag erhält.

Als Siegfried bei Gilbald ankam und sich als den einzigen und erstgeborenen Sohn des niederländischen Königs Sieghard vorstelle, ließ der König Gilbald diese Ankunft sogleich mit Spiel, Tanz, Jubel und gänzenden Tunieren feiern.

In dieser Zeit hielt Gilbald, welcher drei Söhne und eine wunderschöne Tochter Namens Florigunde hatte, seinen Hofstatt zu Worms am Rhein, und lebte mit seiner Gemahlin und Familie in größter Eintracht und als Siegfried als Gast bei ihnen eintrat, wurde auch er als ein theurer lieber Freund, gleich als ob er das Kind des Hauses gewesen wäre, mit gehalten.

Leider sollte dieses schöne einträchtige Leben nur zu bald zernichtet werden.

Ungefähr nach 3 Monaten als Siegfried am Hofe des Gilbald weilte, geschah eines Tages daß die schöne Florigunde aus einem Fenster des königlichen Palastes in die schaudererregenden Wälder und weiten Gefilde hinabblickte und Alles um sich her vergessend ihren Gedanken sich hingab.

Mit einem Male wurd ihr Auge von einer dunkeln Röthe geblendet, unv als sie verwundert darüber auf sah, da schien die ganze Burg wie von einer Feuermasse umgeben, vor dem Fenster selbst aber war ein ungeheurer Drache herbei geflogen, und ehe Florigunde es sich gedachte, hatte das fürchterliche Ungethüm die Prinzessin mit seinen schauerlichen Krallen erfaßt, und trug seine schöne Beute hoch über die Gebirge mit sich fort und in sein Felsenlager, welches weit, weit vom Hofe zu Worms war, und welches allgemein der Drachenstein genannt wurde.

Ach das war jetzt ein fürchterlicher Jammer der Eltern, welche zum Ungefähr das ganze Unglück hatten mit ansehen müssen, ohne daß sie im Stande gewesen wären auch das Geringste nur zur Rettung ihrer geliebten Tochter unternehmen zu können, denn der Drache entführte sie durch die Lüfte, so daß man seinen fürchterlichen Schatten fast nahe zu eine halbe Meile auf der Erde sehen konnte.

Das Erste war nun, daß der König Gilbald Eilboten nach allen Richtungen aussandte, um den Aufenthalt seiner geliebten Tochter auszuforschen. -

Leider aber gelang ihm dieses nicht so bald, denn lange, lange Zeit kehrten die Boten immer unverrichteter Sache zurück.

Außer den betrübten Eltern war Siegfried am meisten von dem Verlust der schönen Prinzessin betroffen, die er, kaum daß er si erblickt hatte, trotz seiner Jugend, er zählte damals kaum über 14 Jahre mit aller Kraft der Jugend liebte. Sein ganzes Sinnen und Trachten ging deßhalb auch darauf hin, die theure Jungfrau zu erretten, da er aber nur zu gut fühlte daß seine Kraft einem solchen Kampf mit einem solchen Ungethüm wie der Drache nicht gewachsen war, so versuchte er sich in dem immerwährenden Kampf mit Bären und Löwen zu üben, - und hatte es endlich auch so weit in seinem beständigen Streit gebracht, daß daselbst die wilden Bestien des Waldes sich vor Siegfried zu fürchten begannen; den Siegfried war da so groß, riesenstark und gewandt im Kampf und Ringen geworden, daß sein Ruhm und Tapferkeit selbst bis in die ferneren Welttheile, Städte und Länder gedrungen war, und viele herbei kamen um den wunderbaren Jüngling selbst von Angesicht zu Angesicht kennen zu lernen.

Gilbald, welcher Siegfried auf das innigste liebte und welchem daran gelegen war, daß derselbe so bald als möglich zum Ritter geschlagen wurde, hatte nun ein großes Turnier veranstaltet, damit Jedermann sich von Siegfrieds körperlicher Kraft und seiner Gewandtheit im Fechten überzeugen könne, und es war sonst an dem zu dem festgesetzten Tage des Turniers Alles in der gespannten Erwartung wie der ritterliche Jüngling seine Probe bestehen würde. -

Wie aber staunte Alles, als wirklich der muthige Jüngling alle anwesenden Kämpfer, so wohl durch seine Riesenstärke als auch seine Geschwindigkeit und Gewandtheit bezwang, - so daß die Palme des Sieges nur dem jugendlichen Helden allein gebührte, der zu jener Zeit kaum etwas über 22 Jahre zählte. -

Siegfried wurde somit einstimmig von dem Könige sowohl als auch von der Ritterschaft für würdig befunden, den Ritterschlag zu erhalten und wurde auf dieses Uebereinkommen hin denn auch, nach dem ihn zuvor die Königin mit einer goldenen Kette, woran ein kostbares Geschmeide hing geschmückt hatte, eigenhändig vom König Gilbald zum Ritter geschlagen wogegen Siegfried den heiligsten Schwur vor allen Anwesenden leistete, daß seine erste ritterliche That die Befreiung der schönen Florigunde sein müsse, im Falle ihm diese aber mißglücken sollte, er für immer auf seine Ritterwürde verzichten wollte. Dieses bekräftigte der schwärmerische Jüngling mit einem kräftigen Schwur, die Eltern und Brüder Florigundens und die anwesende Ritterschaft bestärkten den muthigen Jüngling mit aufmunterndem Lobe in seinem edlen Vorhaben und Siegfried fühlte schon im Voraus des Gelingens seines Sieges sich gewiß, obgleich er nicht einmal den Aufenthalt der geliebten Jungfrau noch wußte.

Sobald die Feierlichkeiten beendet waren, rüsteten auch die fremden Gäste sich zum Abzuge von Worms, Siegfried aber, welcher seit seinem Ritterschlag noch mehr denn je mit dem Gedanken umging, der Retter der unglücklichen Prinzessin zu werden, hatte in eben der Nacht, als er die Ritter eine gute Strecke Weges begleitet hatte, in einer Herberge am Rhein, die er deshalb aufgesucht hatte, weil ihm auf seiner Begleitung die Nacht ereilte, einen höchst sonderbaren Traum.

5.Kapitel

Der Traum.

Das Traumgesicht führte unseren Ritter nämlich hin auf den Drachenstein, wo er seine schöne Florigunde bitterlich weinen sah, - während ein wunderschöner Jüngling zu ihren Füßen kniete, der flehend zu ihr sagte: " O holdeste Prinzessin, weine nicht, denn mich jammern deine Thränen die ich nicht mindern kann noch darf, denn wisse ich bin ein mächtiger Königssohn welcher durch seine Ausschweifungen in der Jugend durch eine vergeltende Rachegöttin so lange in einen Drachen verwandelt worden, bis es mir gelungen sein wird das schönste Weib der Welt in einer reinen unbescholtenen Jungfrau, welche gleich mir von königlicher Abstammung ist, zu rauben und auf den Drachenstein hier zu bringen und durch volle 5 Jahre in ununterbrochener Gefangenschaft zu behalten.

Nun siehe fuhr schmachtend der Jüngling fort: "Siehe das schönste Weib der Welt bist du in meinen Augen, rein, unbescholten und von königlicher Abstammung bist du ebenfalls. Auch sind seit dem ich dich geraubt aus der Burg deiner Eltern über 4 Jahre schon bereits verflossen, ohne daß auch nur eine Menschenseele es gewagt hätte, dich mir abzukämpfen und zu entreißen, - auch würde dieses sehr schwer halten, da mehr als sechzig Drachen am Drachenstein Wache halten - und ein ungeheurer Riese der in meinem Solde steht, jedes Nahen eines Menschen mir berichten würde, ergib dich daher in dein Schicksal, sieh mich an, so werde ich als Mensch nach meiner Erlösung sein. Uebergroße Reichthümer und Ländereien sind mein eigen, die in dein Eigenthum mit meinem freien Willen an dich dann übergehen werden, - denn nicht mein Weib allein, meine Königin, meine Gottheit mein einziges und Alles sollst du sein.

Mit unnennbarem Zagen hatte der Träumende dieser Rede des schönen Jünglings gelauscht und das furchtbarste Wehe der qualvollsten Eifersucht zerriß sein liebendes Herz, denn kaum war es denkbar, daß ein Mädchen dem schönen Jüngling zu widerstehen vermocht haben würde. - Er horchte deshalb mit einer wahren Todesangst auf die Antwort der schönen Florigunde, denn er glaubte nichts anderes, als daß diese mit aller Freude auf den Antrag ihres Verehrers eingehen werde.

Wie freudig wurde er daher durch die Antwort der Prinzessin überrascht, welche also zu dem Jüngling sprach: "Wohl ist es Dir gelungen von der Stätte meiner Wiege aus den Armen geliebter Eltern mich zu rauben, nie aber wird es dir gelingen lebend als dein Weib mich zu besitzen, denn da eine Aufrichtigkeit der Andern würdig ist, so vernimm auch Du, daß mein Herz nicht mehr mein eigen ist, und daß ich einen schönen Jüngling Namens Siegfried liebe, welcher kurz bevor du mich entführet hast, am Hofe meines Vaters uns besuchte. - Ob er meine Gefühle theilt, ja ob er dieselben auch nur ahnt, dieß Alles ist mir unbewußt, doch da ich ihn unendlich, ja über Alles liebe, und nie, ja nie und mag auch kommen was da wolle, nie und nimmer mehr die ihm von mir gelobte Treue brechen, und wenn ich mein junges Leben selbst für dieses Versprechen lassen müßte."

Hei wie war bei diesen herzigen und liebevollen Worten der königlichen Jungfrau der träumende Siegfried doch so froh so wonnig und hoch beglückt.-

Der schöne Jüngling aber hingegen rief mit einer Donnerstimme, so daß der ganze Drachenstein gleich von einem furchtbaren Erdbeben erschüttert zu wanken begann: "Und dennoch sprödes Weib bist du mein eigen, denn nichts vermag dich zu erlösen und willst du mir nicht im Guten angehören, so sollst du in mir deinen Peiniger und Tyrannen sehen." Bei diesen Worten veränderten sich plötzlich die menschlichen Züge des Jünglings, Berge und Thäler erzitterten, Feuerfunken sprühten und zischten aus seinem Munde, welcher allgemach zu einem furchtbaren Rachen sich bildete, so daß es schien als ob ein glühender Schlund sich öffnete, der ganze Drachenstein wankte bei jedem Atemzug seines Gebiethers der im Nu aus dem wunderschönen Jüngling wieder in den furchtbaren Drachen verwandelt worden war, welcher einst die unglückliche Prinzessin aus ihrem Vaterhause entführt hatte, und welcher nun in seiner Scheußlichkeit wieder als ein ungeheures Drachengewürm zu den Füßen der halbtodten Florigunde lag.

Tief hatte der bedeutungsvolle Traum sich dem Herzen des liebenden Siegfried eingeprägt, und als nun die langen Schatten der Nacht dem sanften rosenroth der lieblichen Aurora wichen, da hatte sich auch Siegfried schnell gewappnet, zahlte seine geringe Zeche in der Herberge und wanderte dann auf gut Glück hinaus um sein treues Lieb zu suchen, und mit Gottes Hilfe aus den Klauen des fürchterliche Drachen zu erlösen. -

Wohl war Siegfried auch um den König Gilbald bange, den er nun ohne allen Abschied verlassen sollte, aber gleich wieder dachte er sich das Wiedersehen um desto reizender, wenn er den trauernden Eltern so unverhofft die von ihm befreite Tochter bringen würde, - und er zog getrost von dannen.

6.Kapitel

Absichtlich suchte Siegfried auf seinem Zuge die entlegendsten Straßen und unwirthbarsten Wälder auf, denn er glaubte nach seinem Traumgesichte, daß er nur in ähnlicher Gegend das Ziel seiner Wanderung finden würde. -

Oft hatte er sammt seinem treuen Ross kaum andere Nahrung als für ihn die Früchte des Waldes und frisches Wasser aus rieselndem Bächlein, oder einer sprudelnden Quelle, wo er gleich auch seinen edlen Araber mittränkte - und mit den Blättern der Bäume oder dem saftigen Grün üppiger Wiesen speiste.

So dauerte es viele Tage hindurch, die Waldungen wurden immer dichter und schon fürchtete Siegfried, daß er sich vielleicht gar nicht mehr zurecht finden würde, und sammt seinem Rosse vielleicht gar in der Wildniß verhungern und umkommen müsse.-

Er seufzte mit bangem Herzen nach einem Menschen, welchen er doch wenigstens nach der Richtung des Weges hätte fragen können, aber nicht einmal ein wildes Thier, ein Bewohner des Waldes, geschweige denn erst ein menschliches Wesen ließ sich sehen und Siegfried fing fast schon zum Verzweifeln an, endlich als seine Muthlosigkeit schon auf das höchste gestiegen war und Hunger und Durst ihn und sein edles Thier nicht wenig quälten, endlich erschien gleich wie vom Himmel abgesandt, plötzlich ein vom Kopf bis zum Fuße geharnischter Ritter vor dem erfreuten Siegfried, welcher nun mit einemmale Rath in seiner kritischen Lage gefunden zu haben glaubte. - Aber kein tröstender Engel welcher ihm Hilfe bringen sollte, sondern ein böser Ritter war es, welcher mit trotziger Geberde Siegfried zum Kampfe forderte.

So ermattet sich aber Siegfried auch durch die Entbehrung aller Lebensmittel fühlte, so bedachte er sich dennoch gar nicht lange den Kampf mit dem fremden Ritter aufzunehmen und bald kreuzten sich die Schwerter der beiden Ritter, welche an Muth, Geschicklichkeit und Gewandtheit im Fechten einer des Anderen ganz würdig waren, und deshalb auch lange Zeit mit gleichem Glücke kämpften und lange der Sieg unentschieden blieb, - doch so matt sich auch Siegfried fühlte, gelang es ihm doch einen Streich seines Gegners der ihm zugedacht war aufzufangen, und seinen Feind am Halse derart zu verwunden, daß er schwer röchelnd augenblicklich vom Pferde in das Gras herabsank. -

Mitleidsvoll stieg auch Siegfried vom Pferde, und nachdem er die Wunde seines Feindes als eine tödtliche erkannte, bat er ihn um Verzeihung, worüber der fremde Ritter fast bis zu Thränen gerührt war und dem hoch aufhorchenden Siegfried nun so gut es ihm seine Wunde erlaubte, wenn gleich in langen Zwischenpausen die eigentliche Ursache erzählte, warum er ihn, der ihm doch nie beleidigte, so feindlich überfallen und zum Zweikampf aufgefordert habe.

Ach wie freudig dankte Siegfried der gütigen Vorsehung als er aus der Erzählung des Ritters vernahm, daß er in eben jenem Walde sich befinde wo der Drachenstein lag, der fremde Ritter aber welcher in dem Dienste des Riesen Wolfgrambär gestanden war, weil er einst bei einem Streifzug von diesem gefangen genommen worden war, mußte demselben immer frisches Menschenfleisch zur Nahrung bringen, weshalb er denn auch jedem Wanderer auflauerte und zum Kampfe forderte, welcher ich unglücklicher Weise in diese Wildnis verirrte. -

Auch erfuhr Siegfried noch daß der Riese Wolfgrambär einzig nur den Schlüssel zu jenem Felsen in seiner Gewalt habe, auf welchem Florigunde in dem Drachenstein gefangen gehalten wurde, - nachdem nun der Fremde dem sich darnach erkundigenden Siegfried genau den Weg zu der Behausung des fürchterlichen Riesen angegeben hatte, gab selber den Riesen und sein Geschick verfluchend, welches ihn in die Gewalt dieses Ungeheuers und dadurch in den Tod gebracht hatte, seinen Geist auf. Siegfried aber, welcher schon während der Erzählung desselben einen schlauen Plan gefaßt hatte, nahm sobald dieser verstorben war, dessen Schwert, Schild und Sturmhaube zu sich, und nachdem er sich mit diesem Allen geschmückt hatte, bestieg er mit hochklopfenden Herzen wieder sein Roß, um dem nunmehr ihm so nah´ gelegten Ziele zuzueilen.

Da er sich den Weg genau gemerkt hatte, so konnte er nicht fehlen und es dauerte deshalb auch nicht lange, als er sich vor der Höhle des Riesen befand und mit donnernder Stimme den Riesen herauskommen hieß.

In unmenschlicher Wuth war der Riese mit einer Eisenstange herausgesprungen, sobald er die Stimme eines ihm unbekannten Menschen vernommen hatte, und als er des gehörnten Siegfrieds ansichtig wurde, da hohnlachte er im wilden Grimme: "Elender Wurm der du es wagst mich zu belästigen in meiner Abgeschiedenheit, hoffe ja nicht daß du die Sonne jemals wieder siehst!"

Siegfried erwiederte aber kalt und ruhig auf diese Worte hin: "Lassen wir das Alles vorerst in Frage gestellt sein und höre die Ursache meines Erscheinens hier an: Es sind nun schon bereits über 4 Jahre verflossen, als des Königs Gilbalds Tochter die schöne Florigunde von einem scheußlichen Drachen aus ihrer Behausung geraubt, und auf den Drachenstein geschleppt und gefangen gehalten wird. Du aber hast die Schlüsseln zu ihrem Gefängnisse und deshalb bin ich gekommen um die Forderung an dich zu stellen, daß du mir die geraubte Jungfrau unverzüglich überliefern sollst, wenigstens du - " doch der Riese ließ ihn nicht vollenden, sondern er schwang seine Eisenstange und hieb damit nach Siegfried, welcher aber auf seiner Huth, glücklicherweise dem mörderischen Streich dadurch entgangen war, daß er schnell zur Seite sprang, während hingegen die Eisenstange tief in die Erde hinein fuhr, so daß trotz aller Mühe welche der Riese anwandte, die Stange nicht heraus gezogen werden konnte, sondern wie fest gewurzelt in der Erde saß.

7.Kapitel

Siegfried und der Riese Wolfgrambär.

Der Riese war nun freilich waffenlos, dennoch aber blieb es noch immer ein sehr großes Wagnis mit dem Ungeheuer in einen Kampf sich einzulassen. Doch die Liebe zu der schönen Florigunde bewog bei Siegfried jede weitere Bedenklichkeit, und ohne lange nur sich zu besinnen, drang er mit bloßem Schwerte jetzt auf den furchtbaren Riesen ein.

Um jedoch den geschützten Lesern hier einen schwachen Begriff von diesem schrecklichen Ungeheuer zu geben muß ich hier erwähnen, daß der furchtbare Riese so groß war, daß selbst der große Siegfried trotzdem er auf eine sehr hohen Pferde saß, kaum bis zur Brust desselben reichte. Bedenkt man nun, daß dieser fürchterlichen Größe auch die gleiche Muskelkraft mit beigegeben war, so kann man leicht einen Begriff von dem ungleichen Kampf sich machen, welchen Siegfried zu bestehen hatte. -

Aber die Liebe, so lehrt uns ja tausendfältiges Beispiel, die achtet keiner Gefahren und fürchtet keine Hindernisse, und hat oft das schwerste schon siegreich überwunden, und dieses war auch bei unserem gehörnten Ritter Siegfried der Fall.

Als Wolfgrambär seinen ersten Ueberfall auf Siegfried so schmählich vereitelt sah, da brüllte er gleich einem aufgereitzten Löwen vor Zorn und Wuth, da er aber glauben mochte, daß er ohne Waffen vielleicht doch einem so gewaltigen Ritter wie Siegfried war, nicht gewachsen sein dürfte, so zog er klüglicher Weise in seine Steinwand sich zurück, wo er nun in aller Eile sich in seine Rüstung warf, die mit Drachenblut gehärtet war, und mit welcher er in Folge dessen oft schon ganze Heere in Furcht und Schrecken versetzt hatte.

Ein starker Schild vom gutem Stahle und eine der ersteren ähnliche Eisenstange die vierschneidig und dermassen scharf war, daß damit ein starkbeschlagenes Wagenrad mit einemmale hätte zerspaltet werden können, und ein seiner Größe angemessenes Schwert, das waren die Waffen des fürchterlichen Riesen, welcher nun mit aller Wuth aus seiner Steinwand auf Siegfried lossprang, der jedoch beherzt den Riesen empfing, worauf dann ein mörderischer Kampf entbrannte, welcher kein Ende nehmen wollte.

Siegfried schlug wie auf einen Ambos los, um jetzt auch den Riesen gleich dem Ambos beim Schmiedmeister in die Erde hinein zu schlagen. Doch Wolfgrambär vertheidigte sich mit seiner Riesenkraft und wich und wankte vor seinem kleinen Gegner nicht, dessen Kraft schon allgemach zu schwinden begann, zumal Siegfried durch die lange Entbehrung aller Nahrungsmittel sowie durch den Kampf mit dem fremden Ritter schon sehr ermattet war, und da auch sein Roß an dem gleichen Uebel litt, so wäre Siegfried sicherlich ein Kind des Todes gewesen, wenn nicht im entscheidenden Moment ein Retter in der Noth für ihn erschienen wäre.

Dieser wahrhafte Rettungs-Engel war aber niemand anderer als der Zwergenkönig, welcher obgleich er ein Meister in der Zauberkunst war, dennoch sammt seinen Unterthanen sich in der Gefangenschaft des bösen Riesen Wolfgrambärbefand, und ebenfalls seiner Befreiung ängstlich harrte. -

Egwald beobachtete deshalb immer Tag für Tag das Treiben seines Tyrannen, doch bisher hatte er nur sehr wenig tröstliches für sich gesehen, und er fürchtete schon sammt den Seinigen in ewiger Botmäßigkeit zu Wolfgrambär und dem verzauberten Drachen bleiben zu müssen, als plötzlich Siegfried der gehörnte Ritter gleichfalls auch als Feind seiner Feinde, nämlich Egwalds gegen Wolfgrambär und den fürchterlichen Drachen auftrat. -

Schon der erste Kampf mit dem Gefangenen des Riesen wo Siegfried so schnell Sieger wurde, hatte Egwalds Vertrauen zu Siegfried sichtlich gehoben, und deshalb folgte er ihm auch unsichtbar bis vor die Höhle des fürchterlichen Riesen nach. -

Als er nun aber bemerkte, daß Siegfried nahe daran zu unterliegen sei, da zeigte er sich ungesehen von dem Riesen hoch zu Rosse vor Siegfried, der nicht wenig verwundert war, gleich wie aus den Wolken herab schwebend den winzig kleinen Zwerg vor sich zu sehen.

Es war aber auch fast nichts wunderbareres zu sehen als diesen Zwerg. -

Fantastisch in weiß und himmelblauen Atlas gekleidet, mit einer goldenen Krone auf dem kleinen Lockenhaupt, und auf einem riesig schwarzen Hengste reitend vor sich zu sehen. -

Siegfrieds Ueberraschung sollte jedoch den höchsten Gipfel erreichen, als ihm plötzlich von Egwald eine leichte Nebelkappe zugeworfen wurde, und als er, nämlich Siegfried, dieselbe auf ein geheimnisvolles Zeichen des Zwerges dieselbe über seine Sturmhaube zog, da lagerte plötzlich zwischen ihm und dem kämpfenden Riesen sich ein dichter Wolkenflor, so daß er vor den Blicken seines Feindes verdeckt wurde, während er ganz genau Alles zu sehen vermochte, was der Riese oder Egwald unternahmen.

Der Riese, als er sich so plötzlich von dem dichten Nebel umgeben sah, stutzte nicht wenig und wohl ahnend, daß es hier nur mit Zauberei zugegangen sein müsse, war er vor Allem darauf bedacht, seinem Feinde die Rettung der Prinzessin zu vereiteln, weshalb er auch in Sturmesschritt hin zum Felsen auf den Drachensteine eilte, wo Florigunde gefangen saß, jedenfalls um sie vor Siegfried zu verbergen.

Siegfried aber durch freundliche Winke des Zwerges aufgemuntert, eilte hinter dem schwebenden Wolkenflor verdeckt dem Riesen nach, indem er früher die weise Vorsicht gebraucht hatte, seinem Rosse die Hufe einzubinden, damit es keinen Lärm beim Gehen machte, und da zum Ueberfluße auch noch hohes Gras den Weg zum Felsen hin bedeckte, so konnte dieses Vorhaben um so leichter vollzogen werden.

8.Kapitel

Siegfried sieht die schöne Prinzessin Florigunde wieder

Es war somit für Siegfried nun sehr leicht, als er knapp vor dem Felsen sein Pferd schnell an einen Baum gebunden hatte, fast unmittelbar zugleich mit Wolfgrambär bei Florigunden einzudringen, die den Kopf traurig in die Hand gestützt in schmerzliche Gedanken versunken auf einer Moosbank saß.

Erschrocken und entzückt zugleich als sie den Riesen Wolfgrambär aber auch ihren geliebten Siegfried, welchen sie augenblicklich erkannte, vor sich sah, war Florigunde von ihrem Sitze aufgesprungen, aber als sie den heiß Geliebten froh begrüßen wollte, hatte sich bereits auch schon ein fürchterlicher Kampf unter den beiden Feinden entsponnen, denn Wolfgrambär hatte nicht so bald den Ritter Siegfried bemerkt und gesehen, daß er zu Fuße war, als er sich auch der gewissen Hoffnung hingab, nun um so sicherer Meister über denselben zu werden.

Der tückische Unhold hatte aber die Rechnung ohne den zauberhaften Zwerg gemacht, Egwald, welcher gleich ihm und Siegfried jedoch nur vom letzteren gesehen, ihm aber und der schönen Florigunde unsichtbar ebenfalls in den Felsen mit eingetreten war, Egwald welcher am besten die Hinterlist des Riesen kannte, hatte schon während derselbe von Siegfried verfolgt wurde auf die Voraussetzung hin, wenn dieser sein Pferd zurücklassen sollte, seine Maßregeln getroffen, und als nun der Riese über den gegen ihn natürlicherweise so winzig kleinen Gegner herfallen wollte, siehe da sah er mit tiefem Grauen den gehörnten Siegfried in gleicher Größe und zum Ueberfluße noch mit riesenhaften und ausgespannten Flügeln an den Schultern vor ihm stehen.

Da jedoch dieses Alles nur eine von dem Zwerge hervorgebrachte magische Täuschung war, so konnte es auch gar nicht fehlen das Wolfgrambär wenn er auf die Brust oder das Haupt seines Gegners zu zielen glaubte, nur blosse Hiebe in die Luft machte, während Siegfried ihn von allen Seiten verwunden konnte, so daß Wolfgrambär endlich, aus nicht mehr als 36 Wunden blutend, zu Boden sank. - Siegfried aber, welcher sich seines Feindes welcher ja zugleich der Kerkermeister seiner geliebten Florigunde war, auf immer entledigen wollte, raffte alle seine Leibeskraft zusammen und nachdem er den sterbenden Riesen seiner kostbaren Waffen und Rüstung entkleidet hatte, schleppte er denselben bis an den Vorsprung des Felsens hin, wo er mit einem kräftigen Stoß das Ungeheuer in ein schaurig ödes Thal hinabstieß, welches das Drachenthal geheißen wurde und wohin nie ein Sonnenstrahl drang, noch irgend ein lebendes Wesen sich hin verirrte und nicht einmal ein Grashalm sproßte. -

Als nun auch der Riese, dessen Körper auf tausende von Stücke zerschmettert in dem Drachenthale lag, beseitigt war, da wagte der tapfere Siegfried es erst die über Alles Geliebte zu begrüßen und ihr zu sagen daß er sie entweder befreien oder mit ihr sterben wolle.

Ach wie schmeichelnd klangen der schönen Prinzessin diese Worte aus dem Munde des geliebten Mannes, aber nichts desto weniger quälte sie die bange Sorge, daß Siegfried doch dem ungeheuren Drachen unterliegen könne, und dann alle Hoffnung auf ewig verloren sei, - und sie sprach diese Sorge auch unverholen aus, der tapfere Ritter entgegnete jedoch darauf: "Schönste Florigunde, ich habe geschworen Euch in die Arme Eurer Eltern zurückzubringen, und nichts soll mich abhalten diesen Schwur zu erfüllen, oder wenn es im Rathschluße Gottes anders bestimmt sein sollte, wenigstens mit Euch vereint zu sterben.

So viel Liebe und solch uneigennützige Anhänglichkeit bezwangen vollends das Herz der schönen Florigunde, und auch sie schwor nun ihrerseits entweder ihn als ihren geliebten Gemahl zu begrüßen oder zu sterben in treuer ewig unwandelbarer Liebe zu ihm; während diesem süßen Ergusse der Liebe zwischen dem jungen Pärchen hatte der kluge Egwald indessen durch seine Dienerschaft auf die leiblichen Bedürfnisse Bedacht nehmen und schmackhafte Speisen und Getränke herbei schaffen, und in aller Eile indeß ungesehen von Siegfried und Florigunde eine leckere Tafel richten lassen, so daß wenigstens ein Vorrath von mehr als 14 Tagen für die Liebenden an Speise und Trank übrig bleiben mußte. -

Der kluge Zwerg welcher wohl wußte, daß Liebende sich wenig um Speise des Leibes kümmerten sondern nur mit dem Geistigen sich begnügen, diesen Gusto dennoch in die Länge nicht aufrecht zu halten vermögen, hatte deshalb wohlweißlich Sorge getragen, damit das Liebespaar nach ihren wonnigen Herzensergießungen auch nicht an leiblichen Erfrischungen zu kurz kamen, wofür ihm besonders der ausgehungerte Siegfried Dank wußte - und als er vollends erfuhr, daß der treue Egwald auch für das arme Pferd Sorge getragen hatte, da ließ es sich der edle Ritter an der Seite der lieblichen Prinzessin Florigunde vortrefflich schmecken, denn die Lieb der Reitzenden würzte das Mahl und machte es zu einem wahren Göttermahle.

Inmitten der größten Freude aber erscholl plötzlich aus der Ferne ein gräßliches Geheul in den Lüften, und um den Drachenstein verbreitete sich ein dumpfes widerliches Gezische - und näher und immer näher und ängstlicher verbreitet sich das Geheul und Zischen, der Wald schien zu schwanken, während in Wirklichkeit der Fels erzitterte in welchem der Zwerg mit seiner ganzen Dienerschaft und Florigunde mit Siegfried sich befand, welch Beide letztere gleich wie zu Stein vor Angst erstarret schienen, denn so muthig Siegfried auch war, so wurde ihm dennoch bei all diesen schrecklichen Ereignissen nicht wenig bange, und er fürchtete schon, daß er um seinen Schwur zu halten schon den Tod an Florigundens Seite vorziehen werde müssen, denn an eine Rettung zu denken schien keine Möglichkeit zu sein.

9.Kapitel

Die Ankunft des verwunschenen Drachen auf dem Drachenstein.

Feuersprühend mit noch neun jungen Drachen kam der Drache nun herbei geflogen, wodurch der Fels so erhitzt und erschüttert wurde, daß sich Siegfried und Florigunde, von der glühenden Hitze in ein tiefes Felsenloch verkriechen mußten. Zum Glück hatte Egwald, welcher ebenfalls mit seiner Dienerschaft bei der Annäherung des Drachen verschwunden war, den Ritter Siegfried aufmerksam gemacht, daß er das Schwert und die ganze Rüstung des erschlagenen Riesen mit sich nehmen sollte, indem es ihm in seinem allfalsigen Kampfe mit der Drachenbrut recht gute Dienste leisten würde, und Siegfried, welcher in den guthmüthigen Zwerg sein vollstes Vertrauen setzte, befolgte dessen Rath auch streng und pünktlich.

Der verzauberte Drache, welcher trotz seiner Gestalt menschlichen Sinn besaß, bemerkte sehr bald, daß ein Mensch bei Florigunde sei, und da er in seiner Eigenschaft als Mensch die schöne Jungfrau wirklich innig liebte, so entbrannte er in wilder Wuth bei dem Gedanken, daß ihm sein kostbarer Schatz geraubt werden könnte und er gebrauchte daher die Gewalt, welche sein furchtbarer Zauber ihm verlieh, und spie um den Felsen rund herum Feuer und Flammen, um Siegfried aus dem Felsenloch herauszutreiben. Seine Berechnung war auch eine sehr richtige gewesen, denn bald vermochte es Siegfried nicht mehr vor Hitze in der Höhle auszuhalten, und da er nebstbei auch vor Begierde lechzte dem Drachen einen Kampf zu biethen, so bewaffnete er sich auf das Beste, gürtet das von Egwald ihm angewiesene Schwert um, und ging so ausgerüstet hinauf zu dem Drachen, welcher noch immer fürchterlich wüthete, während Florigunde in ihrer Todesangst um den theuren Geliebten in ihren Gedanken den treuen Zwerg um Beistand für denselben anrief.

Der Drache hatte nicht so bald seinen Nebenbuhler erblickt, als er auch mit fürchterlichem Geheul auf denselben zuflog, und nun begann ein Kampf, welcher an Fürchterlichkeit seines Gleichen suchen dürfte; - dennoch wäre es abermals um Siegfried geschehen gewesen, wenn ihm nicht abermals Egwald mit seinen Zauberkünsten beigestanden wäre, bei alle dem hatte Siegfried immer noch einen schweren Stand, denn da auch der Drache einige Zauberkünste verstand, um so vieles aber mächtiger und stärker als sein Gegner dabei war, so blieb der Vortheil um so mehr auf der Seite des Drachen, als auch die mit ihm gekommenen Jungen sich in den Kampf mit zu mengen begannen. Dennoch richtete Siegfried gewaltiger Arm mit seinem Schwerte ein furchtbares Blutbad unter den Drachen an, so daß jene, welche nicht sterbend am Platze blieben, die Flucht ergreifen mußten und nur der verzauberte Drache allein bei Siegfried zurück blieb, welcher aber um so heftiger wüthete, als sein Gegner siegte. -

Er spuckte in einem fort Feuer über Siegfried und brauchte seinen Schweif sehr geschickt und trachtete ihn mit demselben zu umschlingen, aber Siegfried wußte durch seine Gewandtheit immer diesem Fallstrick zu entgehen, und da Siegfried diese Waffe am meisten fürchtete, so suchte er auch vor Allen den Schweif von dem übrigen Körper des Drachen zu trennen, und er flehte daher im stillen auch den treuen Zwerg Egwald an, ihm wieder mit seiner Hülfe beizustehen.

Leider konnte der gute Zwerg ihm diesesmal mit dem besten Willen nicht helfen, und es wäre sicherlich um Siegfried geschehen gewesen, wenn nicht ein besonderer Umstand, die Verzauberung des Drachen selbst betreffend, dazu gekommen wäre.

Die Bezauberung des Drachen, welche nach fünf Jahren mit der Vermählung mit der Prinzessin Florigunde hätte enden sollen, hatte noch eine und zwar den Bezauberten selbst noch unbekannte Klausel, und zwar nämlich die, - daß, so bald die ihm erkorene Braut einen Nebenbuhler von ihm begünstigen würde, auch die Kraft der Bezauberung von ihm gewichen sei und er gleich wie ein anderer Mensch ehrlich ohne Zauberwaffe kämpfen könne, wenn gleich die thierische Gestalt ihn noch umhüllte. Diesem Umstande hatte es Siegfried auch zu danken, daß ihn der Drache nicht zu überwältigen vermochte, und da er nur seine menschliche Kraft besaß, so war ihm der plumpe Theil seines Körpers im Kampfe nur hinderlich, und als es ihm nicht gelang Siegfried mit seinem Schweife zu umschlingen, fing er, trotz dem er die ganze Schwere seines Schicksales nicht kannte, an sehr beschwerlich zu fallen und er ermüdete derart, daß er sich kaum aufrecht zu halten vermochte. Diesen Zeitpunkt hatte aber Siegfried eben abgewartet, und er führte nun einen solch wuchtigen Streich nach dem Schweife des Drachen, so daß derselbe ganz von dem übrigen Körper wie abgeschnitten getrennt wurde. Das aber war das Signal zu dem Untergange des Drachen, denn nun war es Siegfried auch ein leichtes den Körper seines Gegners ebenfalls entzwei zu hauen, - ihn über den Drachenstein hinabzuwerfen, und dem gräulichen Riesen nach zu senden, so daß das Blut des verendenden Drachen gleich wie ein rother Bach über den Felsen in das öde Thal hinabfloß. -

So hatte abermals auch dieser fürchterliche Kampf zum Vortheile unseres Helden wenigstens in so ferne, daß er der Sieger des Drachens geworden war, denselben für ewige Zeiten unschädlich gemacht und seine geliebte Florigunde von der verhaßten Verbindung mit demselben befreit -

Dennoch schien dieser Sieg auch für Siegfried selbst so unheilvoll, gleich der schmählichsten Niederlage werden zu wollen, - denn nachdem Siegfried mit Anstrengung alle seiner Kräfte den Drachen in das Thal hinabgestürzt hatte, sank auch er gleich wie todt auf den Rasen hin und gab lange Zeit kein Lebenszeichen von sich, obgleich Florigunde, die, sobald der Drache getödet war, herzu geeilt kam um dem geliebten Siegfried für die Befreiung aus der Gewalt des widerlichen Drachen auf das innigste zu danken, und als sie nun ihren Retter so ohne jedes Lebenszeichen vor sich auf den Rasen hingestreckt sah, allsogleich den Zwerg Egwald zur Hilfe desselben herbei rief, und dieser auch sogleich auf das bereitwilligste erschienen war und die kräftigsten Arzeneieu mitgebracht hatte, welche im Stande gewesen sein würden, einen Todten wieder zum Leben zurückzurufen.

Es brauchte jedoch ziemlich lange bis der ermattete Siegfried wieder das Bewußtsein erhielt. Als er aber wieder zur Besinnung kam, da wußte die gute Florigunde ihrer Freude kein Ende und die beiden Liebenden weinten in der innigsten Umarmung Thränen der höchsten Wonne für ihre so wunderbare Rettung aus der Gewalt des schrecklichen Drachen. Aber sie vergassen in ihrer Freude des getreuen Egwald nicht, und dankten ihm als ihrem treuen Freund und Retter, welcher ihnen bisher so große und mannigfache Wohlthaten erwiesen und so viel zu ihrer beiderseitigen Rettung mit beigetragen hatte.

Egwald lehnte jedoch mit der größten Bescheidenheit alle diese Lobsprüche von sich ab, indem er herzlich erwiederte: "Was ich an Euch mein edler Ritter, meine holdselige Prinzessin gethan habe, ist nur aus bloßer Dankbarkeit geschehen; denn wisset edler Ritter, Ihr habt mich und mein Land von dem Joche wieder befreit, unter dem ich mit meinem Volke viele Jahre schmachten mußte. Wolfgrambär, den Ihn so siegreich überwunden habt, der böse Riese hat mich sammt meinem Volke lange Zeit in seiner peinigenden Gewalt gehabt und unterdrückt, durch Eure muthvolle That habt Ihr mich aus der Gewalt meiner Tyranen befreit, und deßhalb will ich Euch auch mit meiner Dienerschaft bis nach Worms geleiten, und noch fernerhin von Allem was Euch schaden könnte, nach besten Kräften zu beschützen.

Ueber diesen Antrag war unser Liebespaar sehr erfreut, denn da weder Florigunde noch Siegfried den Weg dahin wußten, so konnte ihnen die Begleitung des Zwerges und seiner Dienerschaft nur höchst willkommen sein.

10.Kapitel

Die Prophezeihung

Auf Egwalds fernere Aufmunterung rüsteten sich Florigunde und Siegfried nach kurzer Rast zum Abzug, - doch vorerst ging es noch in der Nähe des Drachensteines auf Egwalds Burg, welche sehr klein und zierlich aber höchst geschmackvoll gebaut war, und wo Egwald ein höchst delicates Festmahl veranstalten ließ, welches durch heitere Gespräche und eine höchst angenehme Tafelmusik noch besonders gewürzt wurde.

So war unter heiteren Gesprächen und vielen Toasten welche der gutherzige Zwerg mit seinem kleinen Völkchen auf das Wohl des edlen Brautpaares ausbringen ließ, der noch übrige Theil des so ereignisvollen Tages vergangen, und die Schatten der einbrechenden Nacht luden die frohen Gäste zum süßen Schlummer ein, wofür der vorsorgliche Egwald abermals bereits alle Anstalten getroffen hatte, indem er zwei der größten Schlafkammern mit prachtvollen Betten hatte einrichten lassen, in welche Florigunde und Siegfried sich abgesondert begaben, um nach diesem heißen Tage die lang ersehnte Ruhe zu pflegen. - Doch nur ihre Leiber waren voneinander getrennt, der edle Geist der Liebenden aber war in der schönsten Harmonie ihrer unschuldsvollen Seelen in den lieblichsten Träumen auf das innigste vereinigt.

So voll der angenehmsten und süßesten Träume genossen die Liebenden der ihnen so heilsamen Ruhe, und erst als die Sonne schon hoch stand, in ihrer ewig schönen unveränderlichen Bahn, erst dann erwachten sie froh gestärkt und erheitert zur schönsten Wirklichkeit des Lebens wieder auf, und sowohl Florigunde als Siegfried beeilten sich ihre Kammer zu verlassen, um sich nur wieder nach der kurzen Trennung zu sehen, sich zu beglückwünschen und unter hunderten von würzigen Küssen zu umarmen.

Als nun ein gutes Frühstück eingenommen worden war, wurde alles Ernstes zur Abreise geschritten, um so bald als möglich nach Worms zu gelangen, denn sowohl Florigunde als auch Siegfried sehnten sich die theuren Eltern und Freunde wieder zu sehen.

Egwald, welcher, wie er es bereits schon gesagt hatte, auch den Zug nach Worms mit einigen aus seiner Dienerschaft mitmachen wollte, ließ nun eine große Kassete herbeischaffen den Schlüssel hiezu aber, welcher von Gold und mit einem diamantenen Griff versehen war, überreichte ein kleiner Zwerg als Edelknabe gekleidet auf einem rothen Atlaspolster knieend der überraschten Florigunde mit den Worten: "Hochverehrteste und lieblichste Prinzessin! nehmt hier den Schlüssel zu einem ungeheuren Schatz von Gold und Edelsteinen der an Werth viele von Millionen übersteigt, ihr und euer künftiger Gemahl Siegfried der gehörnte Ritter seid allein würdig diesen unendlich wethvollen Schatz zu besitzen, denn euer Edelsinn und Nächstenliebe wird gewiß den weisesten und nützlichsten Gebrauch davon machen. - Es ist derselbe Schatz welcher Euch von dem Drachen als Mitgift zugefallen wäre, genießt ihn nun an der Seite Eures edlen Bräutigams in Glück und Liebe, Euch aber auch auf ewig zu verbinden, so öffnet die Kassette und schmückt euch gegenseitig - als Verlobte in ewiger treuer Liebe mit die oben aufliegenden zwei Brillianten-Ringen.

Erstaunt und vor freudiger Erregung zitternd nahm Florigunde den Schlüssel, öffnete die Kassette und nachdem sie wirklich die zwei von dem Edelknaben bezeichneten Ringe vorfand, wechselte sie dieselben unter holdem Erröthen und den heiligsten Versicherungen ehelicher Liebe und Treue mit Siegfried zum Zeichen ihrer unauflöslichen Verlobung. -

Siegfried aber bat Egwald noch um ein vertrauliches Zweigespräch vor der Abreise aus der Zwergenburg, und als der kleine Zauberer dem Ritter die Zweisprache auf das zuvorkommendste gewährt hatte, fragte ihn Siegfried im Vertrauen um sein und Florigundens ferneres Geschick, und ob überhaupt der König Gilbald und dessen Gemahlin in seine Verbindung mit Florigunden willigen werde, und noch um viele andere Dinge betreffs seiner Zukunft.

Nach langem Sinnen entgegnete ihm Egwald ernst und traurig: "Leider habe ich in den Sternen gelesen daß Ihr mit Eurer theuren Florigunde nicht länger als 8 Jahre zusammen leben werdet, da Mord von einem Eurer nächsten Blutsverwandten Euer thatenreiches Leben in der Blüthe Eurer Manneskraft grausam enden wird. - Eure Gemahlin aber selbst im Tod Euch noch getreu, wird fürchterlich Euren Tod rächen. Ein blutiger schreckensvoller Krieg wird darob viele Länder und deutsche Gauen verwüsten, Millionen Thränen werden fließen und tausende von unschuldvollen Menschen werden das Opfer der Rache Eurer trauernden Witwe sein.

Traurig aber unerschrocken hatte Siegfried diese schwere Deutung aus dem Munde des Sternenkundigen vernommen, und wenn es ihn gleich schmerzte schon in so jungen Jahren aus der Welt und was ihm noch bei weiten mehr war, aus den Armen seiner hochgeliebten Florigunde scheiden zu müssen, so gab er sich doch willig in sein Geschick, aber so muthig und geduldig Siegfried hinsichtlich seiner selbst war, so wagte er es doch kaum den zauberhaften Zwerg auch um das Schicksal seiner Florigunde zu fragen, obgleich es ihn hinwieder auf das heftigste drängte etwas Näheres über dieselbe von dem Zauberer zu erfragen.

Egwald jedoch, welcher diese Gedanken des bei sich selbst schwankenden Siegfrieds errathen haben mochte, setze aber gleichsam als Ergänzung seines für den gehörnten Ritter gestellten Horoskopes hinzu: "Aber auch Eure Gemahlin wird Euch nicht lange überleben, und vielen Gram und Verfolgung dulden müssen, bis sie endlich am Hofe eures Vaters Ruhe und eine freundliche Aufnahme aber auch den längst so heiß ersehnten Tod alldort finden wird, - und Euer und Florigundens einziger Sohn allein unter der Obhut Eurer Eltern bleibt.

So weit die Voraussagung des Zwerges, welcher es jedoch Siegfrieden auf die Seele band, nichts von Allem diesen gegen die Prinzessin zu erwähnen, indem leicht dieselbe über diese Wahrsagung gemüthskrank und die ohnedies so kurze Zeit ihres Ehestandes ihr noch verbittert werden könnte.

Siegfried, welcher mit einem Handschlage unverbrüchliches Stillschweigen gelobt hatte, hielt auch bis auf das Ende seiner Tage redlich Wort, obgleich er fest auf die Voraussage des Zwerges glaubte, welche auch leider nur zu buchstäblich in Erfüllung ging.

11. Kapitel

Das Abenteuer im Walde

Noch ein schweres Abenteuer stand dem liebenden Braut-Paare bevor, als sie nämlich auf ihrem Zuge nach Worms durch einen Wald kamen, wurden sie von Räubern überfallen, und da Egwald nur in seinem Bereiche sich allerlei Zaubermittel bedienen konnte, so mußte Siegfried seine Hilfe ganz allein auf sich selbst beschränken, denn so groß auch die Zahl der ihn und seine Braut begleitenden Zwerge war, so hatten diese alle insgesammt außer dem tapferen Egwald zu dem Hasenpanier geschworen, als daß sie nur einen Kampf mit einer Ratte, geschweige denn erst einen Strauß auf Tod und Leben mit einer Schaar kühner Räuber aufzunehmen gewagt haben würden.

Siegfried ließ somit bei dem Herannahen der Räuber Egwald und die übrigen Zwerge nur zur Bewachung des von Egwald geschenkten Schatzes und des bei weitem noch köstlicheren Kleinodes seiner geliebten Florigunde zurück, und stellte sich allein und todesverachtend dem Angriff der Räuber entgegen, welche 10 Mann stark bald mit Siegfried fertig zu werden gedachten.

Ein mörderisches Gefecht begann nun allsogleich, aber die Vorwitzigsten mußten bald den wuchtigen Streichen des gehörnten Ritters weichen, und als bereits die Hälfte der Räuber den Kampfplatz als Leichen bedeckten, nahmen die Uebrigen kläglich die Flucht in ihr Raubnest zurück, und dankten Gott dafür, daß der muthige Ritter nicht auf den Gedanken gekommen war, sie etwa gar bis in ihren Schlupfwinkel zu verfolgen.

An Muth hiezu hätte es Siegfried freilich nicht gefehlt, aber er war trotz seiner Jugend kein unbedachter sprudelnder Hitzkopf, welcher die Gefahr herausforderte, sonder er begnügte sich blos jeden Angriff frei und offen als Mann und Ritter zu begegnen, nie aber muthwillig eine Gefahr selbst herauszufordern.

Als nun auch dieses Abenteuer mit den Räubern glücklich abgelaufen war, ging der Zug ungehindert bis gegen Worms, wo ihnen jedoch eine ziemliche Strecke weit König Gilbald sammt Gattin und den drei Prinzen freudevoll mit zahlreichem Hofstaat entgegen kamen, und zwar auf Veranlassung des guten Zwerges Egwald, welcher heimlich einen Eilboten nach Worms gesandt hatte, mit der Meldung, daß der gehörnte Ritter Siegfried mit der vor nahezu fünf Jahren von einem Drachen geraubten Prinzessin Florigunde auf seinem Heimzuge nach Worms begriffen sei.

Als Gilbald diese Freudenbotschaft empfing, da hatte er nichts eiligeres zu thun, als den benachbarten Adel und Fürsten und Könige zu sich am Hof zu Worms entbieten zu lassen, um daselbst das Wiedersehen und die Rettung der Prinzessin zu feiern, er selbst, seine Gemahlin und drei Söhne sammt dem ganzen Hofstaat ritten, fuhren und gingen in feierlichster Ordnung wie schon erwähnt eine gute Strecke Weges, der schon verloren geglaubten und nun auf höchst wunderbare Weise wieder gefundenen und geretteten Prinzessin entgegen.

Die Freude dieses unverhofften Wiedersehens zu beschreiben, dazu ist jedoch jede Feder zu schwach, besonders war Florigunde, die ihre Eltern nun schon beinahe 5 Jahre hindurch nicht gesehen hatte, auf das heftigste ergriffen, und sie weinte Thränen der süßesten Wonne am Halse der ebenfalls zu Thränen gerührten Eltern, auch die Prinzen, die drei Brüder der schönen Florigunde hatten eine herzliche Freude über die Rückkehr der Prinzessin, denn sie liebten ihre einzige Schwester recht sehr, auch sie herzten und küßten sie recht brünstig, was aber den Empfang Siegfrieds betraf, so war dieser äußerst kühl, denn ihr Ehrgeiz fühlte sich nicht wenig gekränkt, daß der Knabe wie sie sich unter einander auszudrücken beliebten, es gewagt hatte, solche wunderbare Abenteuer so glänzend und siegreich zu bestehen.

Obgleich es Siegfried nicht wenig schmerzte, so wenig freundschaftlich von den Brüdern seiner Braut empfangen zu werden, und er unwillkürlich dabei an die Prophezeihung des Sterndeuters dachte, so gab er es doch nicht offen kund, wie sehr ihn dieses Betragen verletzte, und er begrüßte daher die Prinzen auf die freundschaftlichste und herzlichste Weise.

Was jedoch die drei Prinzen stolz und herrisch gegen Siegfried waren, um desto freundlicher und liebevoller wurde er dafür von dem greisen Königs-Paare empfangen.

König Gilbald begrüßte Siegfried als seinen Eidam, und stellte ihn in dieser Eigenschaft auch augenblicklich den Anwesenden vor. Auch die Königin dankte ihm mit Freudenthränen für die Erlösung ihrer vielgeliebten Tochter, und behandeltet ihn schon im Voraus als ihren geliebten Sohn, und Siegfried fühlte bei so viel Dank und Liebe wieder sein edles Herz erleichtert, welches sich über den schnöden Undank seiner zukünftigen Schwäher in bitterer Wehmuth krampfhaft zusammengezogen hatte.

12.Kapitel

Das Wiedersehen zu Worms.

Bei Siegfrieds und Florigundens Ankunft in der königlichen Burg zu Worms gab es wieder frischen Jubel, und Festlichkeiten über Festlichkeiten feierten die frohe Wiederkehr der so lange beweinten und tief betrauerten Prinzessin.

Am Besten kamen hiebei die Armen und Nothleidenden zu Theil, da sie reichlich mit Speise und Trank aus der königlichen Tafel versehen von Siegfried und Florigunde aber reichlich aus dem ihnen von dem Zwerge Egwald verliehenen Schatze beschenkt wurden, so daß es lange Zeit hindurch fast keinen Armen und Nothleidenden zu Worms mehr gab, und die Rückkehr so wie die bald darauf folgende Hochzeit der Prinzessin Florigunde mit Siegfried dem gehörnten Ritter lange noch den reichhaltigsten Stoff der Bewunderung, Dankbarkeit und Verehrung für dieses hochherzige Fürsten-Paar bildete, welches in seinem Liebesglücke auch der Unglücklichen nicht vergaß, und mit liebevoller Hand so manche Thräne trocknete und Balsam auf verwundete Herzen mit Rath, Trost und Hilfe träufelte.

Bei dem Hochzeitsfeste, welches auf das prachtvollste und mit großer Feierlichkeit zu Worms begangen wurde, gab es viele Festlichkeiten und Ergötzungen, da gab es Stech- und Rennbahnen und Turniere, auch Stiergefechte und andere Proben der Tapferkeit fehlten nicht, doch überall bei Allem und jeden war es der tapfere und muthvolle Siegfried der gehörnte Ritter, welcher den Preis des Siege errang und den Lohn seines Muthes stets aus den Lilien-Händen seiner reizenden Gemahlin empfing.

So sehr aber das greise Königs-Paar und die wunderholde Prinzessin durch alle diese Vorzüge des kühnen Siegfrieds für ihren Gemahl eingenommen wurde, eben so sehr riefen dieselben des gehaßten Schwähers den Neid und Haß der drei ergeizigen Prinzen hervor, und sie verbanden sich in ihrem Zorn mit einigen Rittern, welche entweder aus gleichen Motiven oder deshalb weil es ihnen nicht gelungen war, die Hand der reizenden Florigunde zu erhalten, dem armen Siegfried feindlich gesinnt waren, zum Untergang desselben.

Siegfried aber, welcher keine Ahnung von diesem schändlichen Komplott hatte, gab sich ungestört seinem Glücke hin und nur der erste Tropfen träufelte in seinen Freudenbecher, als der treue Egwald am achten Tage nach seiner Hochzeit kam um Abschied von ihm zu nehmen und ihn hiebei vor einigen Rittern namentlich Aber vor seinen Schwähern warnte, obgleich er hinwieder die Gewißheit aussprach, daß sie ihm vor dem Zeitraum von acht Jahren nichts anhaben könnten.-

Auf Siegfrieds dringendes Bitten versprach endlich der zauberhafte Zwerg noch drei volle Tage mit seinen Leuten am Hofe zu Worms zu verweilen, dann aber sollte um so gewisser unwiderruflich der Abzug nach der Zwergen-Burg erfolgen.

Um aber dem guten Egwald diese drei Tage so angenehm als möglich zu machen, hatte Siegfried sich an den Narren des Königs gewendet, damit ihm dieser behülflich sein sollte eine rechte Kurzweil aufzufinden und der Narr, welcher gern in jede Tollheit einstimmte, erklärte sich auch sogleich auf das zuvorkommendste dazu bereit. -

Um das nachfolgende höchst komische Ereignis mehr verständlicher zu machen, müssen wir hier ein kleines Abenteuer erzählen, welches vor Jahren einst dem König Gilbald zugestossen war. Einst hatte der König, welcher in früheren Jahren ein leidenschaftlicher Liebhaber der Jagd war, weshalb er auch oft tagelang in den finstersten Waldungen nach Beute streifte, tief im Walde sich verirrt, so daß bereits die tiefste Nacht schon hereingebrochen war, ohne daß Gilbald noch einen Ausweg gefunden hatte. Angst und Sorge daß er vielleicht gar dazu bestimmt sei, in dem fürchterlichen Wald umzukommen, das heißt entweder Hungers zu sterben oder von einer wilden Bestie angefallen und zerrissen zu werden machten ihn fast bis zum Tode krank. Bei jedem Geräusch, welches entweder wirklich oder auch nur in der Einbildung seiner erhitzten Fantasie in der Nähe sich hören ließ, sträubte sich jedes Haar an seinem Kopfe und Herzens-Puls und Athem begann zu stocken. -

Dazu hatte ihn noch eine unendliche Mattigkeit befallen, welche durch den quälendsten Durst und Hunger hervorgerufen wurde, und er begann schon ganz muthlos und verzagt zu werden, als plötzlich ein Bauer namens Jorkus mit einem Wanderbündel und einer beleuchteten Laterne des Weges herbei kam, indem er dabei ein lustiges Wanderliedchen vor sich hinträllerte.

Wir brauchen hier wohl nicht zum Ueberfluße erwähnen, daß der tölpische Bauer dem erfreuten König gleich wie ein Engel des Himmels erschien, und als er, während der Bauer ihn aus dem Walde führte von diesem erfuhr, daß er aus Noth seine Heimath verlassen und sein Brod in der Fremde suchen wollte, da versprach ihm der dankbare König für ihn zu sorgen.

Der König war aber kaum in seiner Burg zu Worms angelangt, als er auch schon alle Anstalten traf um sein königliches Wort zu erfüllen, und nahm den Bauern zum Oberverwalter über seine königlichen Heerden auf, und zeichnete seinen Retter, wie er ihn voll Dankbarkeit nannte, bei jeder Gelegenheit mit seiner besonderen Huld und Gnade aus, und auch jetzt hatte Jorkus auf dieses hin freien Zutritt zu den Festlichkeiten bei der Hochzeit des jungen Fürsten-Paares.

Diesen Emporkömmling nun hatte der schlaue Hofnarr sich zu seinem Spielball ausersehen, von dem er wußte, daß er, wenn es möglich gewesen wäre, vor einem entblößten Schwerte sich in die Erde verkrochen hätte.

Der Hofnarr, welcher ferner auch die Schwäche des ehemaligen Bauers kannte, daß er, der so viel wie aus dem Nichts ein großer Herr geworden war, nun den unendlichen Ergeitz besaß, immer noch höher zu steigen, hatte auf dies Eitelkeit seinen Plan gebaut.

Das Erste was er daher that war, daß er sich vor allem zu Jorkus begab und ihm begreiflich machte, daß es nun die beste Gelegenheit sei, sich noch mehr Verdienste um den König zu sammeln, um sich noch zu höheren Würden empor zu schwingen, wenn er nämlich Jorkus ihm in allen Stücken gehorchen würde.

Jorkus sagte mit Freuden zu und versprach pünktlich Gehorsam.

Nun entdeckte ihm der Hofnarr, daß es unter den Knappen der Gäste einen Namens Zivilles gebe, welcher ein sehr furchtsamer Hase, aber dabei sehr stolz und aufgeblasen sei, und obgleich er vor einer Ochsenblase mit Erbsen gefüllt in Schrecken versetzt und meilenweit in die Flucht gejagt werden könne, so habe er sich doch nicht wenig lustig über Jorkus gemacht und ihn einen Hasenfuß über den andern genannt.

Diesen Schimpf darf aber ein Mann in deiner Stellung nicht auf sich sitzen lassen, wenn ihn die ganze Ritterschaft für einen erbärmlichen Feigling halten sollte, und es wäre daher am besten setzte der Schlaukopf hinzu: "Wenn du den keken Zivilles zum Zweikampf fordern würdest - denn sollte Zivilles, wie ich fest glaube, sich vor deiner Stärke fürchten, und nicht auf den Kampfplatz kommen, so bist du schon sein Sieger, sollte er aber wider vermuthen dennoch auf dem Kampfplatz erscheinen, so kann ich dich mit Gewißheit versichern, daß er aus Furcht und Schreck vor dir die Flucht ergreift, du mußt somit in jedem Falle siegen, hast deine Ehre gerettet und was das Beste an der ganzen Sache dabei noch ist, der König beschenkt dich für deinen Muth und deine Tapferkeit, welch´ beide Eigenschaften er bisher noch nicht kenne zu lernen die Gelegenheit hatte, zu großen Ehren, Würden und Aemtern.

Auf diese ähnliche Art und Weise suchte der Narr den Feigling zu bereden, und setzte ihm so lange zu, bis dieser endlich einwilligte den furchtsamen Zivilles herausfordern zu lassen - und im Nothfalle selbst mit ihm einen wirklichen Zweikampf zu bestehen, denn der sonst so furchtsame Wicht war derart durch den Schlaukopf aufgestachelt worden, daß er im vollen Ernst bei sich die Ueberzeugung hegte, daß er ein Held ersten Ranges sei. -

13.Kapitel

Das Scherz-Turnier.

Nachdem der Hofnarr den Jorkus dahin gebracht hatte, wohin er ihn haben wollte, begab er sich ungesäumt zum König Gilbald selbst, und bat ihn um die Erlaubniß zur Gestattung des spaßhaften Kampfes, und setzet seine und der anwesenden Ritter Bürgschaft dafür ein, daß keinem der beiden hasenherzigen Kämpfer das geringste Leid dabei widerfahren solle.

Vom König Gilbald, welcher auf diese Versicherung sogleich seine Einwilligung ebenfalls zugesagt hatte, begab sich nun der Hofnarr zum Fürsten Gunibald, welcher ein sehr freundlicher und leutseliger Herr war, und in eben dessen Dienste der furchtsame Knappe Zivilles stand, welchen der Hofnarr als zweites Opfer zur Zwerchfellerschütterung sämmtlicher Ritterschaft ausersehen hatte.

Leutselig und ein Freund des Vergnügens wie Fürst Gunibald es war, konnte es, zumal der Hofnarr schon bereits auch die Zusage seines Königs zu dem beabsichtigen Scherze hatte, nicht fehlen, daß auch Fürst Gunibald in das Vorhaben sogleich einging, und nun fehlte weiterhin nichts zum Ganzen als Zivilles selbst, zu welchem nun ungesäumt der Hofnarr ging um diesen in Person die Ausforderung des Jorkus zu überbringen.

Zivilles welcher natürlich über diese Aufforderung des Jorkus auf Tod und Leben nicht wenig erstaunt und erschrocken war, wagte kaum stammelnd die Frage was ihm denn so sehr den Haß des fremden Mannes zugezogen habe, worauf ihm der Hofnarr jedoch rasch erwiederte, daß ihn Jorkus für den schlechtesten Kerl der Welt halte, übrigens setze er hinzu: "Uebrigens kannst du diesen Schimpf nicht anders an Jorkus rächen, als wenn du dich wirklich mit ihm schlägst, denn wenn du in feiger Weise diesen Kampf nicht annehmen wolltest, so würdest du auch für ganz bestimmt die Gnade deines Fürsten verlieren und vielleicht gar aus seinem Dienst gewiesen werden, und ohne eine Antwort abzuwarten, verließ der Hofnarr den zitternden Zivilles und eil6e zum Jorkus zurück, ihm zu erzählen, wie erschrocken Zivilles über seine Männlichkeit und Ausforderung gewesen sei, und Jorkus war nicht wenig darüber erfreut, denn er dachte nun nicht anders als daß er mit seinem Gegner nichts zu thun haben und daher der Ruhm ohne jedweder Gefahr auf seiner Seite bleiben würde.

Aber Jorkus wurde schändlich in dieser freudigen Zuversicht betrogen, denn da die sämmtlichen Ritter von Siegfried in den beabsichtigten Scherz eingeweiht worden waren, so sprachen die meisten aus ihnen dem Zivilles so lange zu, bis dieser endlich ein Herz sich faßte und die Ausforderung annahm, indem er zugleich einen seiner Kameraden mit der Antwort an den Jorkus schickte, - daß er punkt vier Uhr Nachmittags zuversichtlich auf dem bestimmten Kampfplatz erscheinen werde.

Richtig erschienen auch die beiden Kämpfer an der festgestellten Stunde auf dem Kampfplatze, während schon früher die Hochzeitsgäste sich allda versammelt hatten, um an dem launigen Schauspiel sich zu erfreuen.

Zum größeren Spaße hatte der Hofnarr sich von Siegfried dessen kampfgewohntes Streitroß erbeten, auf welchem nun Jorkus in voller Rüstung geritten kam.

Zivilles hingegen aber kam auf seinem eigenen ihm zugemessene Pferd herbeigesprengt, - obgleich in seinem wie in dem Angesicht des Jorkus das bleiche Schreckensbild der Furcht in den bunten Farben eines prächtigen Regenbogens sich abspiegelte.

Sobald Zivilles des Jorkus auf Siegfrieds muthvollem Streithengste ansichtig geworden war, hatte nicht viel gefehlt, daß er Reißaus genommen oder doch wenigstens seinem Gegner sich ergeben hätte.

Aber auch Jorkus blickte seinerseits nicht wenig ängstlich umher und spähte nach allen Seiten eine Oeffnung zwischen Umzäunung des Kampfplatzes zu erblicken, damit er aus demselben entwischen könnt; Leider aber war alles wohl verschlossen und kein Ausweg zu finden, weshalb er denn wohl oder übel nothgedrungen auf dem Kampfplatz verweilen mußte, so ängstlich und beklommen ihm auch dabei zu Muthe war.

Inzwischen hatten die Herolde Licht und Wind getheilt, und die Ritter ließen die Trompeter wacker darauf los zum Angriff blasen.

Doch schon beim ersten Trompetenstoß flog Siegfrieds kampfgewohntes Roß die Rennbahn entlang, so daß Jorkus im ersten Schreck seine Lanze fallen ließ um an den Mähnen des wiehernden Pferdes sich mit beiden Händen halten zu können.

Während nun der verzagte Jorkus diesen unfreiwilligen Sturmritt machte, wurde das Pferd des Zivilles mit Spitzruthen gepeitscht um es gleichfalls in Gang zu bringen, dabei hatte noch zum Ueberfluß der Wind des Zivilles Lanze auf die Seite geführt, und da sie in dessen Hand merklich zitterte, so machte sie eine Schwenkung auf jene Seite hin wo Jorkus mehr auf dem Pferde lag als saß, und Zivilles berührte deshalb unwissend den Jorkus, welcher, er da ohnedieß so leicht im Sattel und außerdem heftig erschreckt war, zum vollen Gelächter der belustigten Zuschauer in den Sand hinabkollerte, als ob ein Sack Mehl abgelagert würde.

Zivilles Pferd, welches, da es durch die Spitzruthen angespornt einmal im Zuge war unaufhaltsam forteilte, sah erst als das Pferd retourwegs wieder an dem stöhnenden Jorkus vorbeikam, daß derselbe aus Mund und Nase blutend in höchst interessanter Stellung im Sande am Boden lag. Jetzt dachte Zivilles seinen Gegner mit der Lanze zu durchbohren, doch Jorkus als er die Gefahr sah, sammelte sich schnell und lief eilig davon.

Zivilles Pferd stolperte aber, da er die Lanze sehr niedrig hielt, und warf seinen Reiter ebenfalls ab, und Jorkus hieb von der Ferne so heftig auf ihn, als ob er ihn zerstücken wollte; doch wagte er es nicht sich Zivilles zu nähern, weil dessen Pferd mit den Füßen ausschlug und ihn treffen könnte; er floh also lieber davon, während Zivilles durch den Sturz sehr erschüttert war, sich zu ergeben dachte, weshalb er seinen Degen bei der Spitze nahm um denselben als Zeichen seiner friedlichen Gesinnung an Jorkus abzugeben. Als aber Zivilles sah, daß Jorkus bei dem Anblick des bloßen Degens so schnell als er konnte davon lief, benützte er diese sichtbare Feigheit des Bauers, und indem er im schnellen Laufe den Fliehenden einzuholen strebte, schlug er so derb mit dem flachen Degen Jorkus auf den Rücken, bis ihn dieser unter Schluchzen und Thränen einzuhalten bat.

Obgleich nun auf dieses hin Zivilles sogleich vom Schlagen abließ, so suchte doch Jorkus abermals sein Heil in der Flucht und lief im schnellsten Lauf davon, bis an einen Wasserfall, wo er jedoch, wenn er nicht ertrinken wollte, stehen bleiben mußte.

Jorkus dessen Kourage immer wuchs, wenn er seinen Gegner wenigstens aus Schußweite vor sich sah, fing nun mit seinem Degen herumzufuchteln an, daß nun seinerseits Zivilles sich zu fürchten begann, und eben so wie früher Jorkus jetzt er die Flucht ergriff, und mitten auf der Rennbahn niederknieend flehentlich um sein armes Leben bat.

Ein schallendes Gelächter der anwesenden Ritterschaft war Zeige dieser feigen Kapitulation der beiden Hasenfüße, - während aber als dem Muthigeren der beiden, Jorkus der Preis des Sieges von dem Hofnarren in einem funkelnagelneuen Orden in Form zweier Hasenfüße übergeben wurde, worauf der feige Tropf sich nicht wenig einbildete.

So endete der spaßhafte Kampf der beiden furchtsamen Streiter zur allgemeinen Heiterkeit der fröhlichen Hochzeitsgäste, und wenigstens zu keinem Schaden der beiden Streiter, die aber Zeit ihres Lebens in kluger Weise von dieser Stunde an sorglich jedem Streit aus dem Wege gingen, da sie wenigstens die heilsame Lehre geschöpft hatten, daß nicht jeder Streit so zur allgemeinen Zufriedenheit geschlichtet werden könnte, gleich diesen statt den Hasenfüßen leicht ein paar tüchtige Ochsenziemer für den Sieger wie den Besiegten als Original-Orden mit wirklicher Füllung entspringen, und statt auf die Brust mittelst blauen Flecken auf den Rücken geheftet werden dürften.

14.Kapitel

Siegfried sieht seine Eltern wieder.

Nach Verlauf von drei Tagen war bei Egwald und seinem kleinen Völkchen an kein Halten mehr zu denken. Aber noch beim Abschied hatte der gute Zwerg auf eine freudige Ueberrraschung für seine beiden geliebten Schützlinge Siegfried und Florigunde bedacht genommen, indem auf seine Botschaft hin auch Sieghard und dessen Gemahlin die Königin am Hofe zu Worms erschienen, um Ihren so lange verreisten Sohn Siegfried wieder zu sehen, und dessen Gemahlin die schöne Prinzessin Florigunde kennen zu lernen, und umarmen zu können.

Der gute Zwerg welcher dieses Wiedersehen in eben diesem Augenblick veranstaltet hatte, als er mit seinen Zwergen von den Neuvermählten Abschied nahm, hatte auch sehr richtig gerechnet, daß ihnen über das Wiedersehen der Eltern und Schwiegerältern die Entfernung ihres Gönners und Wohlthäters nicht gar so schmerzlich auf ihre jungen und zarten Gemüther einwirkte, was ohne diesem jedenfalls gewiß geschehen sein würde.

Das Wiedersehen und die Freude bei der Ankunft des Königs Sieghard mit seiner Gemahlin am Hofe zu Worms zu beschreiben, dazu ist jede Feder viel zu schwach, und wir überlassen es gerne und willig jenem Theile der geschätzten Leser auf eigene Weise sich diese Sonne für sich selbst auszumalen, welche die Bitterkeit des Scheidens aber dafür auch die verdoppelten Freuden und das Glück des frohen Wiedersehens schon empfunden haben.

Nachdem nun zu Ehren des Königs Sieghard und dessen Gemahlin noch einige Festlichkeiten abgehalten worden waren, empfahlen sich die übrigen Hochzeitsgäste nach vielen Glück- und Segenswünschen von dem jungen Fürstenpaar, und begaben sich in ihre Länder zurück.

König Sieghard und seine Gemahlin aber blieben noch einige Zeit am Hofe zu Worms, denn die dachten ihren Sohn dahin bestimmen zu können, daß er mit seiner Florigunde mit ihnen nach den Niederlanden reisen und den Thron bis zu ihrem Ableben mit den Eltern theilen würde. Siegfried wäre auch sogleich bereit gewesen, diese süße Kindespflicht zu erfüllen, denn er wußte es nur zu gut, und bereute es gar sehr, daß er durch seine übereilte Flucht aus dem Vaterhause seine guten Eltern gar sehr und schmerzlich betrübt hatte und oft sann er bei reiferer Vernunft darüber nach wie er diesen Undank an seinen guten Eltern wieder gut zu machen vermöchte.

Nun hätte sich ganz schicklich diese Gelegenheit für ihn mit der Heimreise nach den Niederlanden ergeben, und er hätte wie gesagt, diesem Gebote sehr gerne Folge geleistet, aber dem widersetzten sich hingegen wieder Florigundens Eltern, welche betheuerten, daß sie ohne die ohnehin schon lange verreisten Tochter nicht leben könnten und Siegfried befand sich zwischen den Anforderungen ihrer beiderseitigen Eltern, gleich wie unter zwei brennenden Wegen, denn sein edles Herz wollte keinem von ihnen wehe thun.

Endlich aber verzichtete König Sieghard freiwillig auf die Begleitung seines Sohnes und dessen schöner Gemahlin, sondern er tarf vielmehr das Uebereinkommen dahin, daß er sie öfter zu Worms besuchen wolle; und so war denn auch diese Angelegenheit auf friedlichem Wege gelöst, und nach vielen herzlichen Glück- und Segenswünschen für den geliebten Sohn und die theure Schwiegertochter reiste das königliche Paar mit dem Versprechen eines baldigen Besuches nach den Niederlanden zurück.

Siegfried lebte nun mit seiner reizenden Gemahlin, welche ihm schon im ersten Jahre ihrer Ehe, den von dem Zauberzwerg verheißenen Sohn gebar, recht froh, glücklich und zufrieden.

Egwald, welcher sich die Pathestelle bei Siegfried für den Erstgeborenen erbeten hatte, legte demselben nebst einem ungeheuren Diamantenschatz als Pathengeschenk den Namen Löwhard bei, - und verlieh mittelst seiner gewaltigen Zauberkünste auch noch hunderte andere Vortheile, welche ein sonst gewöhnliches Menkind zu besitzen das Glück nicht hat.

So glücklich und zufrieden aber Siegfried auch mit seiner geliebten Florigunde und deren Eltern lebte, so viele Zwistigkeiten, Aerger und Mißhelligkeiten hatte er mit seinen Schwähern dafür auszustehen.

So lange jedoch Florigundens Eltern noch am Leben waren, blieben sie so ziemlich in den Schranken der Mäßigung, als aber erst Florigundens Mutter und bald darauf der König mit dem Tod abging, da brach unverhohlen ihr ungerechter Haß hervor, und sie verfolgten ihn, wie es nur immer möglich war mit List und Gewalt.

So waren nahe an 8 Jahre vergangen und nun glaubte Siegfried daß die Zeit gekommen sei, seiner noch immer geliebten Gemahlin jene Prophezeihung zu entdecken, welche ihm einst Egwald vor der Abreise aus der Zwergburg gemacht hatte, nämlich, daß er durch die Hand eines seiner nächsten Blutsverwandten in meuchelmörderischer Weise umkommen müsse.

Er beschwor die weinende Gattin sich zu fassen und in das unvermeidliche Schicksal zu ergeben und ihren Sohn gut und rechtschaffen zu erziehen, und zu einem weisen und gütigen Regenten heranzubilden.

Auch bat er sie, wenn ja die Voraussagung des Zwerges eintreffen sollte, seinetwegen ja kein Blut zu vergießen, sondern die Rache gegen seinen Mörder einzig dem Himmel allein nur anheim zu stellen, - aber so bereitwillig Florigunde ihrem Gatten alle seine Wünsche zu erfüllen versprach, wenn sie in der Möglichkeit lagen, so fest und beharrlich weigerte sie sich ihm diese letzte Bitte zu erfüllen, - denn, so sprach sie unter schmerzlichen Thränen, während ihr sonst so sanftes Auge im wilden Feuer des Hasses und der Rache erglühte, denn sobald du meine Welt mir durch eine frevle Hand zernichtet wirst, - so kenne auch ich keine Schonung und Erbarmen, und zernichte wenn es in meine Macht gegeben ist, die ganze Welt mit der darauf kriechenden Menschenbrut.

Nicht lange nach diesen vertraulichen Mittheilungen wurde Siegfried von seinem Schwager Hagewald auf der Jagd mit einem Jagdspieß in das Rückentheil meuchelmörderisch durchbohrt, - denn da Siegfried diesen Theil seines Körpers mit der hornichten Masse nicht bestreichen konnte, so war er auch daselbst am leichtesten zu verwunden.

Siegfried starb auch während des Transportes auf dem Wege nach Worms und hatte nicht einmal noch den süßen Trost seine geliebte Gattin zu umarmen und seinen theuren Sohn zu segnen, welcher nun in dem zarten Alter von sieben Jahren durch seinen eigenen Oheim zur vaterlosen Waise geworden war.

Lange schon hatten Florigundens Brüder auch den Haß den sie gegen Siegfried anfänglich nur allein hegten, auf ihre Schwester mit übertragen, und nun, da dieselbe als Witwe schutzlos und verlassen war, begannen sie diese unverhohlen zu verfolgen, und ihr ihre Ansprüche, welche sie einem Testamente des König Gilbalds zufolge ebenfalls auf den Königsthron hatte, zu entreißen.

15.Kapitel

Florigundens Rache und Tod.

Auf das schändlichste mißhandelt, verstossen und verwaist, flüchtete Florigunde mit ihrem Sohne in ihrer Rathlosigkeit sich zu Siegfrieds Vater in die Niederlande, und klagte diesem den schändlichen an ihrem unglücklichen Gatten begangenen Mord durch ihren Bruder Hagewald, und die Verfolgung und den Haß ihrer sämmtlichen Brüder gegen sie und ihre vaterlose Waise.

Sobald Sieghard alles dieses durch seine Schwiegertochter erfuhr, entbrannte er in wildem Zorn, und indem er in aller Eile ein mächtiges Heer ausrüstete, überzog er die wilden herrschsüchtigen Söhne Gilbalds mit einem blutigen Krieg, so daß Alles in buchstäbliche Erfüllung ging, so wie es der Zauber-Zwerg dem gehörnten Ritter so richtig vorausgesagt hatte.

Siegfrieds Mörder, so wie auch die zwei anderen Brüder Walbert und Ehrenbert fanden in den blutigen Schlachten den fürchterlichsten Tod, und das Heer der Prinzen wurde gleichfalls zum größten Theile aufgerieben.

Florigunde wurde nun einstimmig als die Vormünderin ihres Sohnes einstweilen in dessen Namen zur Regentin erwählt, bis Löwhard seine Großjährigkeit erreicht haben würde. -

Die einst so schöne Florigunde genoß jedoch diese Würde nicht lange. Gram, Kummer, und die unendliche Kränkung um den noch im Tode so heiß geliebten Gatten reiften sie dem frühen Grabe zu, und noch war das Trauerjahr nicht ganz verstrichen, so hatte auch sie ihre irdische Laufbahn auf dieser Welt vollendet und ging ein frommer Engel in das bessere Jenseits hinüber um in himmlischer Glorie in jenem Eden an der Seite ihres geliebten Gatten zu weilen, wo es keinen niederen Haß und Rache, und keine Trennung gibt.

König Sieghard, welcher nun der Vormund seines Enkels Löwhard wurde, und die Regentschaft über Worms übernehmen sollte, verzichtete jedoch im Namen seines Enkels auf diese Würde und nahm Löwhard mit sich in die Niederlande, wo er ihn zum Erben seines Thrones mit väterlicher Liebe erzog, so daß Löwhard bei dem Tode seines königlichen Großvaters mit allen Talenten ausgerüstet war, welche ihn würdig machten der Erbe und Nachfolger dieses großen Königs zu sein - und weise, milde und dennoch muthig die Zügel der Regierung in den Niederlanden zu führen, so daß man ihm nach seinem Tod, welcher erst im 96.Jahre seines Alters erfolgte, den Namen des Glorreichen beilegte, und Kinder und Kindeskinder namentlich in den Niederlanden noch lange, lange Zeit hindurch, ja selbst bis auf unsere Tage sich die wunderbare Geschichte von dem glorreichen Löwhard und dessen Vater, dem gehörnten Ritter Siegfried sich erzählen.

Ende.


Anmerkung:

Der Text folgt in Schreibweise und Formatierung exakt der in der Bibliothek des oö.Landesmuseums, Linz/A aufbewahrten Ausgabe.

"G.& B.Ovm" ist ein Pseudonym, die Identität des Autors ist nicht bekannt. Der Verlag Philip Kraußlich publizierte in Urfahr bei Linz/a.D. von ca.1860 bis 1899 eine Vielzahl volkstümlicher Schriften und Flugblätter.

Ausführliches Material zum "Hürnen Seyfrid", der literarischen Vorlage des hier vorgelegten Linzer Volksbuchs vom gehörnten Siegfried, bietet die Neuausgabe des Hürnen Seyfrid im Wieser Verlag: "Das Lied vom Hürnen Seyfrid" neu illustriert und hrsg.v.Siegfried Holzbauer. ISBN 3-85129-348-7

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